Coming-out: „Sich zu outen heißt, glücklich zu sein.“

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Ein berührendes Video zeigt die liebevolle Reaktion eines Mormonen-Vaters auf das Coming-out seines Sohnes.

Austin Swink aus Port St. Lucie in Florida war 19 Jahre alt und bereitete er sich auf seine zweijährige Missionszeit vor. Für Mormonen wie ihn würde bald eine Zeit der strengen Regeln beginnen, das war ihm klar: Zum ersten Mal weg von zu Hause, und dann gleich für zwei Jahre. Einem fremden Land zugewiesen, kaum Kontakt zur Familie, kein Heimatbesuch für eine lange Zeit. 

Vor der Abreise wollte Austin seinem Vater unbedingt noch etwas gestehen: „Ich hatte das Gefühl, dass ich es mir einfach von meiner Seele reden musste, bevor ich ging, weil es so lange auf mir lastete, nichts zu sagen“, sagte er später gegenüber USA Today.

Obwohl er und sein Vater Vaughn Swink sich „immer ziemlich nahestanden“, hatte er große Angst vor diesem Schritt. Der Grund: Die Mormonenkirche ist nicht unbedingt für die Akzeptanz von LGBTIQ*s bekannt. Austin beschloss, das auf Video aufzuzeichnen. Zu hören ist, wie er zögerlich und stotternd erklärt: „Ich bin schwul.“

Die Reaktion seines Vaters ist herzzerreißend. Der Vater streckt die Hand nach Austin aus und sagt: „Austin, das ist mir egal. Es ist mir egal!“ Als der 19-Jährige daraufhin in Tränen ausbricht, fährt sein Vater fort: „Austin, hör zu, sieh mich an. Es ist mir egal. Du bist in Ordnung! Bist du ein Kind Gottes?“ Austin bejaht und sein Vater sagt: „OK. Das ist in Ordnung!“

Er habe viele Kommentare bekommen, sagt Austin. Von Menschen, die Angst haben, ihren Eltern die Wahrheit zu sagen. Menschen, die befürchten, von der Gesellschaft abgelehnt zu werden. Für all diese Menschen hat Vater Swink eine Botschaft. Gegenüber USA Today sagte er: „Es macht einfach Sinn, dass jemand glücklich ist und sich nicht verstecken muss, nicht verschweigen muss, wie man sich wirklich fühlt.“

Sich zu outen heißt, glücklich zu sein.

(Vaughn Swink)


Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, auch als Mormonenkirche bekannt, ist nach Katholiken, Baptisten und Methodisten die viertgrößte christliche Glaubensgemeinschaft in den Vereinigten Staaten.

Die meisten mormonischen Glaubensgemeinschaften sind erzkonservativ und haben strenge Verhaltensregeln: Junge Mormonen müssen für den Glauben missionieren, Ältere geben zehn Prozent ihres Einkommens an die Kirche ab. Alkohol und Kaffee sind tabu, ebenso fleischliche Gelüste. Bis sie verheiratet sind, gilt für Mormonen ein strenges Gesetz der Keuschheit. In der Ehe ist Treue das oberste Gebot, sexuelle Beziehungen außerhalb der Ehe gibt es nicht.

Foto: AFP / NurPhoto / Paul Hennessy

In der Vergangenheit sind Mormonen immer wieder durch Homo- und Transphobie aufgefallen. Im April 2019 dann plötzlich die überraschende Wendung. In einer Erklärung teilte die Kirche mit, homosexuelle Paare nicht mehr als „Abtrünnige“ zu betrachten. „Früher hat unser Handbuch die gleichgeschlechtliche Ehe eines Mitglieds als Abtrünnigkeit bezeichnet“, sagte Dallin Oaks, ein Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel, laut CNN auf einer Konferenz in Salt Lake City.

„Während wir eine solche Ehe immer noch als ernstes Vergehen betrachten, wird sie im Sinne der Kirchendisziplin nicht mehr als Abtrünnigkeit behandelt.“

Seither hat sich für homosexuelle Paare das Risiko der Exkommunikation verringert. Auch können Kinder von homosexuellen Paaren ohne Zustimmung der Kirchenführer getauft werden. Die strengen Ehegesetze gelten aber weiterhin, auch für Queers. Unmoralisches Verhalten wird auf die gleiche Weise geahndet, sei es in hetero- oder homosexuellen Beziehungen.

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