„Fußball ist Fußball. Und Liebe ist Liebe.“

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Als die Profi-Fußballerin Viktoria Schnaderbeck vom anonymen Coming-out eines Kollegen der britischen Premier League erfuhr, stand für sie fest, selbst Verantwortung zu übernehmen und sich öffentlich zu positionieren.

In einem offenen Brief, der Mitte Juli unter anderem in den Boulevardzeitungen The Mirror und The Sun veröffentlicht wurde, sprach ein schwuler britischer Premier-League-Spieler von seiner Angst eines öffentlichen Outings. Im Fußball sei es noch immer nicht möglich, frei über Homosexualität zu sprechen (wir berichteten).

Für die Profi-Fußballerin Viktoria Schnaderbeck war das anonyme Coming-out ihres Kollegen der Anstoß, ihre eigene Geschichte publik zu machen. Auf ihrem Blog veröffentlichte Schnaderbeck am 9. August einen offenen Brief, mit dem sie „einen Beitrag leisten und Verantwortung übernehmen“ möchte. Denn

„wenngleich die Wunschvorstellung einer emanzipierten, entwickelten und toleranten Gesellschaft existiert, ist die Realität immer noch stark geprägt von Vorurteilen, Tabus und heteronormativen Einstellungen“.

Dass ein Coming-out sehr viel Mut und nicht zuletzt Überwindung erfordert, weiß auch Viktoria Schnaderbeck, die selbst sagt, dass sie bis vor wenigen Jahren nicht zu ihrer Sexualität stehen konnte, weil sie sich geschämt und schuldig gefühlt habe. Erst jetzt, schreibt die 29-jährige Kapitänin der österreichischen Fußballnationalmannschaft (ÖFB), wisse sie,

„dass sexuelle Orientierung überhaupt nicht wichtig ist. Dass es überhaupt keine Rolle spielt, welches Geschlecht ich liebe. Viel wichtiger ist, dass ich liebe.“

Schnaderbeck, die derzeit für Arsenal London spielt, hatte ihr Coming-out vor einer breiten Öffentlichkeit im Dezember 2019. Damals postete die Österreicherin ein Foto mit ihrer Partnerin auf Instagram  – eine bewusste Entscheidung, erinnert sie sich: „Ich habe mich bereit gefühlt und wollte endlich den kleinen Lügen ein Ende setzen. Ich wollte uneingeschränkt und befreit leben und zu 100 % ich selbst sein.“

Homophobie im Fußball 

Sich zu outen sei kein leichter Schritt gewesen, schreibt Schnaderbeck: „Ich stehe in der Öffentlichkeit und habe eine gewisse Fanbase“. Auch wenn Homophobie im Gegensatz zum Männerfußball bei den Frauen eine kleinere Rolle spielt, sei klar gewesen, dass Medien und Fans darauf reagieren werden – „allerdings nicht, in welchem Ausmaß und in welcher Form“.

Homophobie im Profifußball hat Tradition. Beispielhaft stehen die Äußerungen des früheren Trainers der österreichischen Fußballnationalmannschaft Otto Barić. Der Schweizer Zeitung Blick sagte Barić im Jahr 2004, seine Spieler müssten „echte Kerle“ sein, dem kroatischen Medium Jutarnji List erklärte er etwas später, Homosexuelle seien „abnormal“. Wegen dieser und ähnlicher Äußerungen verurteilte der europäische Fußballverband UEFA Barić zu einer Geldstrafe von umgerechnet 1.825 Euro.

Heutzutage würde sich kaum jemand mehr dieser Wortwahl bedienen, zumindest nicht öffentlich. Auch gibt es für Spieler, die sich outen möchten, mehr Beratungs- und Unterstützungsangebote. Und dennoch hat sich an der Situation für die Spieler im Wesentlichen nichts geändert. „Das geht am Thema vorbei. Was diejenigen, die das Spiel leiten, vorantreiben müssen, ist die Aufklärung der Fans, Spieler, Manager, Agenten, Klubbesitzer - im Grunde allen, die mit dem Spiel zu tun haben“, forderte der anonyme Fußballer in seinem Brief.

Wie der anonyme Fußballer fordert auch Schnaderbeck mehr Aufklärung und einen breiten gesellschaftlichen Diskurs. „Je mehr wir darüber sprechen“, schreibt sie, „desto eher schaffen wir einen Rahmen, wo sich Leute nicht mehr schämen müssen. Einen Rahmen, in dem Tabus zum Thema Sexualität gebrochen und stigmatisierte Denkweisen abgelegt werden.“

„Im 21. Jahrhundert darf es keinen Platz für Homophobie, Rassismus, Sexismus oder andere Formen der Diskriminierung geben. Unser Planet – unter anderem das Fußballstadion – soll ein Platz für Diversität, Inklusion und Fairness sein.“

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