Plovdivs Bürgermeister stoppt homophobe Schlammschlacht um Kulturhauptstadt

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Der Stadtrat von Plovdiv hat den Antrag von ultrarechten Protestlern abgeschmettert, die den Rausschmiss der künstlerischen Leiterin des Kulturhauptstadjahres gefordert hatten, weil diese ein LGBTIQ*-Event ins Programm integriert hatte. Bürgermeister Ivan Totev sprach von einer „Schlammschlacht“.

Foto: facebook.com/Община-Пловдив-Plovdiv-Municipality-298150390280406/

Am Freitag hatte Plovdivs Bürgermeister Ivan Totev noch publicity-trächtig mit Frank-Walter Steinmeier vor dem regenbogenfarbenen „Together“-Schriftzug posiert, den seine Stadt zum Logo ihres Jahrgangs als Europäische Kulturhauptstadt erkoren hat. Das Motto soll Einigkeit, Zusammenhalt und Gastfreundschaft signalisieren, doch genau an diesen Punkten hapert es gewaltig.

Statt sich über die internationale Aufmerksamkeit zu freuen, stänkern Politiker der rechtspopulistischen Patriotischen Front in Bulgariens zweitgrößter Stadt gegen den einzigen LGBTIQ*-Programmpunkt im Kulturhauptstadtjahr: ein Ausstellungsprojekt mit dem Titel „Balkan Pride“, bei dem Bulgariens LGBTIQ*-Organisation GLAS (Gays and Lesbians Accepted in Society) die Geschichte der queeren Emanzipationsbewegung auf dem Balkan dokumentieren und stereotype Gesellschaftsbilder herausfordern will.

Anhänger der Patriotischen Front protestieren seit Wochen mit polemischen Forderungen und homophoben Graffiti gegen den queeren Programmpunkt. In den letzten Wochen heizte sich die Stimmung derart auf, dass die Rechten den Rausschmiss der künstlerischen Leiterin des Kulturhauptstadtprogramms Svetlana Kuyumdzhieva, sowie die Entlassung des gesamten Kulturhauptstadt-Komitees und den Rücktritt von Ivan Totev forderten, der Schirmherr des „Together“-Jahres ist. Dass all das sehr offensichtliches Wahlkampfgetöse im Dienste der im Herbst anstehenden bulgarischen Regionalwahlen ist, konnte nicht verhindern, dass Plovdivs Stadtrat am Dienstag in einer Sondersitzung über die drei Forderungen beriet. 

Alle drei Anträge wurden abgeschmettert. Dabei stellte sich der konservative Bürgermeister Totev zwar nicht offensiv hinter das „Balkan Pride“-Projekt, aber er pochte auf die Unabhängigkeit des Organisationskomitees und bekundete seinen Unmut für den peinlichen Vorfall, über den am Wochenende bereits der britische Guardian berichtet hatte. Der Skandal schade nicht nur dem Ansehen von Plovdiv, sondern der internationalen Wahrnehmung des Kulturhauptjahres. Die Zeitung The Sofia Globe zitiert Totev mit den Worten: „Wir machen hier eine Schlammschlacht. Wir bewerfen unsere Stadt mit Dreck. Das sollte nicht passieren, deshalb bin ich etwas ungehalten. Ich möchte nicht solche Artikel über Plovdiv lesen.“ 

Die queeren „Balkan Pride“-Organisatoren lassen sich von dem Zirkus nicht einschüchtern. GLAS-Vorsitzender Simeon Vasilev verkündete via Twitter: „Das ist die einzige Veranstaltung mit LGBTI-Bezug im Plovdiv-2019-Programm und sie sorgt für jede Menge Drama. Aber ich versichere euch, sie wird stattfinden, egal was passiert.“

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