Großbritannien wählt: Jeremy Corbyn über Iran, Homophobie und Madonna

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England wählt heute ein neues Parlament. Boris Johnsons stärkster Gegner: Jeremy Corbyn, Vorsitzender der Labour-Partei. Ist er wirklich ein Verbündeter der Community? In einem Interview packt er aus – über queere Rechte und Schwulenikonen.

Gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen? Heute bis 23 Uhr MEZ sind die Wahllokale noch geöffnet, die Briten bestimmen über die Zukunft ihres Landes. Boris Johnson braucht eine stabile Mehrheit im Unterhaus, um das Brexit-Abkommen durchs Parlament zu bekommen – und das Land Ende Januar endgültig aus der EU führen zu können.

Während die Umfragen ihm über Wochen hinweg diese Mehrheit zusicherten, dreht sich plötzlich der Wind: Die oppositionelle Labour-Partei holt auf. Plötzlich ist alles möglich, auch eine Minderheitsregierung unter dem Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn. Was den Brexit betrifft, so möchte Corbyn einen neuen Deal aushandeln, über den die Briten in einem zweiten Referendum entscheiden sollen – auch ein Verbleib in der EU wäre damit wieder im Rennen.

Wer ist für queere Rechte – und wer dagegen? 

Foto: EU2017EE Estonian Presidency / CC BY 2.0 / wikimedia

Wie in einem Wahlkampf üblich, wird über die Kandidaten Dreck ausgeschüttet. Aus queerer Sicht bedeutet das: Es wurde ein Artikel von Boris Johnson ausgegraben, in der dieser 1999 diejenigen verteidigte, die schwule Männer aus dem Militär ausschließen wollten. Zudem immer wieder im Gespräch: Seine wiederholte Weigerung, sich für die Bezeichnung schwuler Männer als „tank-topped bum boys“ zu entschuldigen.

Sein Gegner Jeremy Corbyn gilt als Verbündeter der queeren Szene, doch ist er es wirklich? Seine Gegner weisen immer wieder darauf hin, dass er vom homophoben Regime des Irans zwischen 2009 und 2012 für Fernsehauftritte bezahlt wurde.

Und das sagt Jeremy Corbyn im Interview über queere Themen

Corbyn stand dem queeren, britischen Nachrichtenportal PinkNews in einem persönlichen Interview Rede und Antwort. Darin erzählt er unter anderem, dass er bereits in den 1970ern an seinem ersten CSD teilnahm – und sich seit mindestens 50 Jahren zu Verbündeten der Community zählt. Wir haben die wichtigsten Aussagen für euch zusammengefasst.

Jeremy Corbyn redet über …

seine ersten Berührungen mit Homophobie:

1967, als er noch in der Schule war, aber schon ein aktives Mitglied der Labour Party, begann diese mit einer Reform der Gesetzgebung zu Sexualstraftaten die ersten Schwulenrechte einzuführen. Corbyn, der seine Partei verteidigte, stellte damit eine Minderheit dar – und sah sich plötzlich Homophobie und Schwulenfeindlichkeit gegenüber. Er gibt zu:

„Ich habe das alles damals nicht ganz verstanden. Ich dachte nur, es gäbe ein grundlegendes Menschenrecht.“

… seine liebste schwule Ikone:

„Freddie Mercury. Die Musik! Die Verrücktheit! Die Lebensfreude! Ich liebe alles, das Freddie Mercury je gesungen hat.“

seine queeren Versprechen nach der Wahl:

Er verspricht, dass der Gender Recognition Act reformiert wird – denn dies sei längst überfällig. Hierdurch würde die Sicherheit, der Schutz und die Validierung von trans- und nichtbinären Menschen im Vereinigten Königreich gewährleistet werden. Genauer:

„Trans-Personen werden keine invasiven, entmenschlichenden und langwierigen Prozesse mehr durchlaufen müssen, um ihr Geschlecht anerkennen zu lassen. Und wir werden auch das Gleichstellungsgesetz 2010 ändern. Wir müssen die veraltete Sprache dort entfernen, und wir werden sicherstellen, dass es einen angemessenen Schutz für Trans-Personen vor Diskriminierung gibt.“

Corbyn möchte Missbrauch, Diskriminierung und die „Scheußlichkeit, die in der Gesellschaft existiert“, beenden. Auch weltweit möchte er mit seiner Regierung Druck ausüben, um sicherzustellen, dass die Menschenrechtskonvention von 1948 überall eingehalten wird.

seine Nähe zu homophoben Ländern wie dem Iran:

„Ich verurteile auf das Schärfste alle homophoben und gegen LGBT+ gerichteten Organisationen, und ich habe dies immer getan, wo immer ich auf der Welt war. Seit vielen Jahren engagiere ich mich für ein breites Spektrum internationaler Themen – auch für die Rechte von Schwulen und Lesben in Uganda.“

… eine andere Wahl, die die queere Community beschäftigt: Cher oder Madonna?

„Cher! Ich mag ihre Musik, aber ich bewundere sie auch für die Art und Weise, wie sie der missbräuchlichen Beziehung zu Sonny entkam und dadurch noch stärker wurde. (…) Das gleiche gilt natürlich auch für Tina Turner. Sie sind beide unglaublich starke Frauen.“

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