Bogotás neuer Bürgermeister*: weiblich, lesbisch, grün

by

Die Einwohner von Kolumbiens Hauptstadt Bogotá wählten vergangenen Sonntag erstmals eine Frau zur Bürgermeisterin. Mit rund 35 Prozent der Stimmen setzte sich die Grünen-Politikerin Claudia López gegen den liberalen Politiker Carlos Fernando Galán durch, der auf rund 32 Prozent kam. 

López war Senatorin der Republik Kolumbien und Vizepräsidentschaftskandidatin bei den Präsidentschaftswahlen 2018 für die Partei der Grünen Allianz. Seit Sonntag ist sie die erste weibliche und zugleich die erste offen lesbische Bürgermeisterin einer lateinamerikanischen Großstadt.

Dass López offen lesbisch lebt, ist in Bogotá seit Jahren bekannt, spielte bei der Wahlentscheidung aber keine Rolle. Vielmehr waren es zukunftsorientierte Themen wie ‚Bildungspolitik‘ und ‚Verkehrswende‘, mit denen López vor allem junge Wähler erreichte. 

Auch ihr Kampf gegen Gewalt, Korruption und Ungleichheit im Land kam bei der jungen Wählerschicht gut an. Daneben dürfte es auch der pragmatische Politikstil der grünen Politikerin gewesen sein, der den Links- und Rechtsextremen, vor allem aber dem männlich dominierten Establishment des Landes eine herbe Niederlage bescherte. Nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse sagte López:

„Bogotá hat gegen den Machismo und die Homophobie gestimmt. Es besteht kein Zweifel: Der Wandel und die Gleichstellung sind unaufhaltsam.“ 

Hinter dieser Aussage versteckt sich aber auch der harte Kampf um das Recht, ein offen homosexuelles Leben zu führen. Zwar ist Kolumbien dank fortschrittlicher Antidiskriminierungs-Gesetze und der Einführung der Ehe für alle im Jahr 2016 eines der LGBTIQ*-freundlichsten Länder Südamerikas (blu berichtete). In der Gesellschaft jedoch sind queere Menschen noch immer derben Anfeindungen und roher Gewalt ausgesetzt. Zwischen 2014 und 2019 wurden fast 1300 Menschen aus der LGBTIQ*-Community getötet. Damit gehört Kolumbien zu den Ländern mit der höchsten Zahl von Morden mit homophoben Hintergrund.


*Die Amtsbezeichnung Bürgermeister in männlicher Form ist sprachlich gewollte Zuspitzung dieser Wahlentscheidung der Bürger*innen von Bogotá. Im Spanischen wird Claudia López die weibliche Form zu Alcalde Mayor, Alcaldesa Mayor tragen, also Oberbürgermeistern.

Foto: Deutscher Bundestag / Achim Melde

Funfact: Als Frau Dr. Angela Merkel zur ersten Regierungschefin Deutschlands gewählt wurde, gab es eine ernsthafte Diskussion darüber, ob und wie man Kanzler gendern dürfe. Das Wort Bundeskanzlerin wurde 2004 in den Duden aufgenommen, im Jahr darauf zum Wort des Jahres gekürt:

„Die feminine Endung -in an Berufs- und Personenbezeichnungen ist nicht neu – dennoch wäre noch vor wenigen Jahrzehnten auch eine Frau an der Spitze der Regierung als Bundeskanzler bezeichnet worden. Spätestens seit Beginn des Wahlkampfs für die vorgezogenen Neuwahlen zum Deutschen Bundestag etablierte sich mit der Kanzlerkandidatin Angela Merkel auch die Bezeichnung Bundeskanzlerin. Sprachlich wirft der Ausdruck interessante Fragen auf, etwa die nach lexikalisierten Zusammensetzungen wie Bundeskanzleramt oder protokollarischen Gepflogenheiten der Anrede.“ (Quelle)

Back to topbutton