Ehe offen? Kubaner sagen „Ja“ zu neuer Verfassung

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Mit einer mit überwältigenden Mehrheit von 87 Prozent stimmte die kubanische Bevölkerung am Wochenende für eine neue Verfassung. Staatsorgane werten das Votum als Erfolg. Aus queerer Sicht schwankt die Bewertung zwischen Etappensieg und Rückschlag

Foto: facebook.com/manuel.vazquezseijido

Die neue kubanische Verfassung ist unter LGBTIQ* umstritten, nachdem die Regierung im Dezember infolge massiver Proteste evangelikaler Gruppen einen Passus aus dem Regelwerk gestrichen hatte, der die Ehe zum „freiwillig geschlossenen Bund zwischen zwei Personen“ gemacht hätte, statt sie (wie bisher) als „Bund zwischen Mann und Frau“ zu definieren (blu berichtete). Der Schritt hätte das Recht gleichgeschlechtlicher Paare zu heiraten per Verfassung festgeschrieben und damit die Ehe für alle angeordnet.

Diesen Fortschritt bringt die am Sonntag mit 87 Prozent der Stimmen angenommene überarbeitete Verfassung nicht. Allerdings schreibt sie das Mann-Frau-Konstrukt auch nicht weiter fest, sondern lässt eine klare Definition der Ehe vorerst offen. Damit ist die Einführung der Ehe für alle weiterhin möglich, sie bedarf allerdings eines neuen Gesetzgebungsverfahrens, das viel Zeit und (angesichts der neuen Anti-Ehe-für-alle-Bewegung in Kuba) viel Mühe kosten dürfte. 

Staatliche LGBTIQ*-Fürsprecher wie die Vorsitzende des Nationalen Zentrums für sexuelle Aufklärung CENESEX Mariela Castro-Espín und ihr Stellvertreter Manuel Vázquez Seijido warben im Vorfeld des Referendums dennoch für ein „Ja“ zur neuen Verfassung und goutierten das deutliche Ergebnis mit „Sí“-Grafiken.

Der schwule Blogger Francisco Rodríguez Cruz alias PaquitoDelCuba sieht die Verabschiedung der neuen Verfassung derweil als Grund zur Wachsamkeit: „Die große Lektion der Volksbefragung und der Änderungen und Interpretationen, die das Verfassungsprojekt erfahren hat, ist, dass es immer noch viele Vorurteile, Unwissenheit und auch widerständige, rückschrittliche und extremistische Positionen in unserer Bevölkerung gibt", schreibt Rodríguez Cruz in einem Beitrag vom Montag. „Es wird viel Intelligenz, Verantwortung, Talent, diplomatisches Geschick, Reife und politschen Mut erfordern, um die konstitutionelle Puppe zu einem bunten Schmetterling zu machen, der uns alle Rechte als LGBTI-Menschen garantiert.“

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