Vor Gericht: Londoner Bus-Attacke kein Hassverbrechen?

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Nachdem im Juni zwei lesbische Frauen in einem Londoner Bus attackiert wurden, stehen die jugendlichen Täter nun vor Gericht. Die Anklage lautet auf Hassverbrechen. Die Richterin deutete bereits an, der Übergriff könne möglicherweise nicht als solches gelten.

Es war ein Bild, das um die Welt ging: Zwei Frauen in einem Bus, die Gesichter blutverschmiert, Ungläubigkeit in den Augen. Es dokumentiert die Geschichte von Melania Geymonat und ihrer Freundin Christine Hannigan, die das Foto in Social Media selbst publik machten (blu berichtete).

Mehrere Jugendliche hatten die beiden Frauen kurz zuvor attackiert, der jüngste von ihnen gerade einmal 15 Jahre alt. Nachdem das Paar sich geweigert hatte, sich vor den Jungs zu küssen, waren sie erst mit Münzen beworfen und anschließend geschlagen worden. Im folgenden Durcheinander entwendeten die Jungen noch Melanias Handtasche und Handy. Die Frauen mussten anschließend im Krankenhaus behandelt werden.

Im Anschluss an den Übergriff gab es weltweit große Anteilnahme. Theresa May, damals noch Premierministerin von Großbritannien, erklärte:

„Niemand sollte sich verstecken müssen, nur weil er jemanden liebt und wir müssen zusammenarbeiten, um solche inakzeptable Gewalt gegen die LBGT-Community“ zu verhindern.“

Zuordnung als Hassverbrechen

Von den fünf mutmaßlichen Tätern, die festgenommen und auf Kaution freigelassen wurden, wird dreien nun der Prozess gemacht. Die Anklage lautet auf „schweres Hasserverbrechen“. Die Angeklagten im Alter von 15-17 bekannten sich am ersten Prozesstag vor dem Highbury Corner Youth Court schuldig. Zuvor hatten sie die Vorwürfe stets abgestritten.

Sowohl die beiden Frauen als auch der Busfahrer mussten vor Gericht aussagen. Auch Aufnahmen von Überwachungskameras wurden gezeigt. Das Gerichtsurteil steht noch aus, es soll Mitte Dezember verkündet werden. Während die Staatsanwaltschaft weiterhin von einem Hassverbrechen ausgeht, äußerte Richterin Susan Williams nach Sichtung der Aufnahmen Unsicherheit über die Zuordnung zum Tatbestand eines Hassverbrechens:

"Ich denke, es wird eine haarspalterische Angelegenheit. Doch es ist völlig offensichtlich, dass das gleichgeschlechtliche Paar das Interesse und die Interaktion der Angeklagten geweckt hat. Der Verstoß lässt sich nicht anders erklären. Ich betrachte das als einen erschwerenden Faktor, der sich im Urteil widerspiegeln wird."


Mehr queerfeindliche Übergriffe?

In London stieg die Zahl der gewalttätigen Übergriffe gegen queere Menschen in den letzten Jahren stark an – genau wie in deutschen Städten. Die Londoner Polizei wies darauf hin, dass dieser Anstieg auch darauf zurückzuführen sein könnte, dass durch die zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz mehr Menschen selbstbewusst genug geworden seien, derartige Angriffe zur Anzeige zu bringen.

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