Niederlande wieder Vorreiter: Geschlecht von Staats wegen irrelevant

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In den Niederlanden sollen Personalausweise künftig keine Angaben zum Geschlecht mehr enthalten. Die Regierung will damit Menschen entgegenkommen, die sich nicht eindeutig als Mann oder Frau identifizieren.

Mit dem Schritt sollen weitere Hindernisse beseitigt werden, die verhindern, dass Menschen mit nicht-binären Geschlechtsidentitäten „voll an der Gesellschaft teilnehmen“, teilte Bildungsministerin Ingrid van Engelshoven in einem Brief an das Parlament in Den Haag mit.

In Kraft treten soll die Veränderung mit der Einführung neuer Personalausweise in 2024/25, die Kategorie „Geschlecht“ wird es dann nicht mehr geben. Reisepässe müssen aufgrund der globalen Luftverkehrsvorschriften weiterhin einen Geschlechtseintrag ausweisen. 

Toolkit onnodige sekseregistratie“

Die geplanten Neuerungen sind Teil einer umfassenden Strategie der niederländischen Regierung zur Reduzierung „unnötiger Registrierungen des Geschlechts“.

Im Auftrag des Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft hat das Transgender Netwerk Nederland (TNN) gemeinsam mit dem niederländischen Wissensinstitut für Frauenrechte und Emanzipation Atria das Toolkit „onnodige sekseregistratie“ (unnötige Registrierung des Geschlechts) entwickelt. Zur Erklärung heißt es:

„In einigen Fällen kann die Geschlechtsregistrierung relevant oder sogar obligatorisch sein, in vielen Fällen wird die Registrierung des Geschlechts jedoch ohne triftigen Grund als selbstverständlich angesehen. Wir sprechen dann von unnötiger Geschlechtsregistrierung.“ 

Das Toolkit steht für die drei Sektoren Regierung, Kommunen und Unternehmen zur Verfügung und besteht aus einem interaktiven Bewertungsrahmen und einem Leitfaden.

Der Leitfaden erklärt die Gründe für die Reduzierung unnötiger Geschlechtsregistrierungen und gibt Einblick in branchenspezifische bewährte Verfahren, Alternativen zur Registrierung von Geschlechtern sowie eine Reihe von Tipps und Tricks. Zusätzlich enthält der Leitfaden eine Erklärung, wann eine Geschlechtsregistrierung obligatorisch und notwendig, wann aber unnötig ist. Mithilfe eines Bewertungsrahmens lässt sich das für jeden Sektor getrennt ermitteln. 

So wurde beispielsweise auf der staatlichen Stellenwebsite „Werken voor Nederland“ (für die Niederlande tätig) die Anforderung gestrichen, dass Bewerber*innen im Bewerbungsformular ein Gender-Kästchen ankreuzen müssen.

Niederländische Bevölkerung befürwortet Anerkennung nicht-binärer Geschlechtsidentitäten

82 Prozent der niederländischen Bevölkerung sind laut Eurobarometer 2019 zur sozialen Akzeptanz von LGBTI-Personen in der EU dafür, dass amtliche Dokumente die sexuelle Identität von Trans*-Personen anerkennen sollen. In Deutschland sind es 70 Prozent. Der EU-Durchschnitt liegt bei nur 59 Prozent.

Grafik: EU Kommission

Ganz allgemein befürworten 97 Prozent der Niederländer, dass Homosexuelle dieselben Rechte haben sollten wie Heterosexuelle. Nur in Schweden ist die Zustimmungsrate mit 98 Prozent höher. In Deutschland vertreten 88 Prozent der Befragten diese Meinung, im EU-Durchschnitt sind es 76 Prozent.

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