Ukraine: Homophobe Polizeirazzia in Gay-Club schockiert Community

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Die Besucher des schwulen Clubs „Potemkin“ in der ukrainischen Stadt Dnipro wurden am letzten Wochenende bei einer dreistündigen Razzia festgehalten. Die Polizei rechtfertigt die Aktion mit Verstößen gegen die Prostitutionsgesetze, Aktivisten sehen als Hauptmotiv Homophobie.

Fünf Tage nach dem Präsidentschaftswahlsieg des ukrainischen Schauspielers Wolodymyr Selenskyj (dessen pro-europäischer Kurs viele LGBTIQ* im Land auf eine Stärkung der Rechte von LGBTIQ* in der Ukraine hoffen lässt) macht das Land mit einer Polizeirazzia in einer schwulen Disko Schlagzeilen. In der Nacht vom 19. auf den 20. April stürmten Polizisten in der Großstadt Dnipro in den Club „Potemkin“. Laut einer Stellungnahme der LGBTIQ*-Organisation Nash Mir gingen die Beamten dabei sehr aggressiv vor. Die 30 Anwesenden wurden drei Stunden lang gezwungen, sich flach auf den Boden zu legen, es wurden Handys und Kondome beschlagnahmt, die Polizisten sollen homophobe Witze und Beleidigungen geäußert haben, einige Besucher trugen Verletzungen davon. 

Während die Club-Besitzer und einige Betroffene nach der Razzia Klagen gegen das brutale Vorgehen der Polizisten anstrengten, rechtfertigte die Polizei in einer Video-Stellungnahme den Einsatz mit Ermittlungen gegen mutmaßliche Verstöße gegen Artikel 302, Paragraph 2, des ukrainischen Strafgesetzbuches (unerlaubte Prostitution und Bordellbetrieb). Im März seien bei der Polizei von mehreren Anwohnern aus der Nachbarschaft des „Potemkin“ entsprechende Hinweise eingegangen, auf die man mit der Razzia reagiert habe. Derzeit würden die Ermittlungen ausgewertet und die mögliche Anstrengung eines Strafverfahrens geprüft. 

Die LGBTIQ*-Organisation Nash Mir äußert sich zu dem Vorfall folgendermaßen: „Wir verurteilen das offensichtlich homophobe und illegale Vorgehen der Polizei von Dnipro aufs schärfste. In einer Zeit, der es an wirklichen Straftaten in der Ukraine alles andere als mangelt, darunter Hassverbrechen aufgrund der sexuellen Orientierung von Menschen, engagiert sich die Polizei im Kampf gegen einvernehmlichen schwulen Sex zwischen erwachsenen Männern.“ Überdies weisen die Aktivisten darauf hin, dass Wortlaut und Auslegung der Strafgesetze 301 (Verbreitung von Pornografie) und 302 (Prostitution) in einer modernen, demokratischen Welt ein „Anachronismus“ seien. 

Der Vorfall geschah eine Woche, nachdem rechte Gruppierungen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew mit homophoben Demos und Randalen gegen eine Lesbenkonferenz protestiert hatten (blu berichtete). Dass die homophoben Vorfälle mit der Wahl des neuen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammenfallen, weckt bei manchen Aktivisten die Hoffnung, dass sich der neue Präsident nach seinem offiziellen Amtsantritt Ende Mai/Anfang Juni  des Themas annehmen und für die Rechte von LGBTIQ* und die Bekämpfung der Homophobie in der Ukraine einsetzen wird. Konkrete Standpunkte bei diesen Themen gibt es von Selenskyj bisher allerdings nicht.

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