đ Ukraine: Erste Schritte zur Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften sind gemacht
Das ukrainische Justizministerium hat am 22. Oktober mit der Verabschiedung des Gesetzentwurfs Nr. 9103 mit dem Titel âĂber die Institution eingetragener Partnerschaftenâ erste Schritte zur Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften unternommen. Auch wenn der Entwurf bisher nur die erste von drei Lesungen durchlaufen hat, ist dieser Schritt eine historische Entscheidung.
Die Verfassung der Ukraine stellt in Artikel 51 ganz klar fest, dass die EheschlieĂung auf der freiwilligen Zustimmung von Mann und Frau beruht. Das ukrainische Familiengesetzbuch wiederum bestimmt eindeutig, dass âdie Ehe eine im staatlichen Personenstandsregister eingetragene Familienvereinigung zwischen einer Frau und einem Mann istâ (Artikel 21). Es gibt auch keine Gesetzgebung zur Lebenspartnerschaft, das heiĂt, homosexuelle Paare in der Ukraine können weder Unterhalt beziehen noch das Eigentum ihres Partners oder ihrer Partnerin erben oder bei medizinischen Entscheidungen als Angehörige auftreten. Auch die Adoption von Kindern ist nur als Individuum möglich, jedoch nicht als schwules oder lesbisches Paar.
âĂber die Institution eingetragener Partnerschaftenâ
Dieser unhaltbare Zustand soll sich mit Gesetzentwurf Nr. 9103 unter dem Titel âĂber die Institution eingetragener Partnerschaftenâ Ă€ndern. Er sieht vor, eingetragene Partnerschaften als freiwillige Familiengemeinschaft fĂŒr zwei erwachsenen Personen unabhĂ€ngig von ihrem Geschlecht gesetzlich zu verankern. Die Partner*innen wĂŒrden den Status von nahen Verwandten erhalten, Ă€hnlich wie Familienmitglieder ersten Grades, unabhĂ€ngig davon, ob sie zusammenleben oder einen getrennten Haushalt fĂŒhren. Und sie schlieĂen nicht aus, dass die Partner*innen das gleiche Geschlecht haben. Das ist formal zwar nicht derselbe Status wie eine Ehe mit allen damit verbundenen Vorteilen, aber es ermöglicht homosexuelle Familien.
Der Gesetzentwurf wurde bereits im MĂ€rz in das Parlament eingebracht (mĂ€nner* berichtete). Bedenken des Justiz- als auch des Verteidigungsministeriums hatten den Fortschritt zunĂ€chst behindert, doch diese EinwĂ€nde scheinen nun ausgerĂ€umt zu sein. Das Justizministerium, das ursprĂŒnglich geplant hatte, ein alternatives Partnerschaftsgesetz auszuarbeiten, ist nun bereit, den Gesetzentwurf Nr. 9103 zu unterstĂŒtzen, und auch das Verteidigungsministerium hat sich fĂŒr den Entwurf mit dem Titel âĂber die Institution eingetragener Partnerschaftenâ ausgesprochen. Verteidigungsminister Rustem Umerov betonte gegenĂŒber bne IntelliNews, dass damit die Rechte von MilitĂ€rangehörigen gewahrt werden sollen, die derzeit nicht in der Lage sind, ihre Beziehungen offiziell zu registrieren, wenn der/die Partner*in gleichgeschlechtlich ist. Die Bestimmung, die MilitĂ€rangehörigen im Dienst erlaubt, ihre Partnerschaft ohne ihre physische Anwesenheit zu registrieren, soll aber nur im Kriegszustand gelten (mĂ€nner* berichtete zur Situation queerer Soldat*innen in Ukraine: Queers an der Front und Ukraine: In Trauer vereint).
Das ukrainische Parlament muss den Entwurf nun in erster Lesung annehmen und dem Justizministerium die Möglichkeit geben, ĂnderungsantrĂ€ge fĂŒr die zweite der drei Lesungen einzubringen. Diese ĂnderungsantrĂ€ge wĂŒrden derzeit vorbereitet, teilte Inna Sovsun, Abgeordnete der liberalen Partei Holos (Deutsch: Stimme) und Verfasserin der Initiative, auf Facebook mit.
Druck von der EuropÀischen Union
Der Prozess in der Ukraine wird durch die Aussicht auf die Aufnahme formeller EU-Beitrittsverhandlungen im Dezember dieses Jahres beschleunigt. Das Land hat in den letzten Monaten von seinen Partnern, darunter die USA, die EU und der IWF, lange Listen mit ReformmaĂnahmen erhalten, anhand derer es einen umfassenden Reformplan erstellt hat. In seiner letzten mĂŒndlichen Unterrichtung erklĂ€rte BrĂŒssel, Kiew mache gute Fortschritte bei der ErfĂŒllung der Bedingungen des EU-eigenen Ukraine-Plans im Rahmen der Ukraine-FazilitĂ€t, einem 50-Milliarden-Euro-Finanzhilfeprogramm der EU fĂŒr 2024â2027.
AuĂerdem, so argumentiert Inna Sovsun, kann die Ukraine mit der Verabschiedung des Gesetzes ihre Verpflichtungen gemÀà Artikel 8 der Menschenrechtskonvention erfĂŒllen und Klagen vor dem EuropĂ€ischen Gerichtshof wegen Diskriminierung vermeiden.