Jetzt auch noch Pride-Verbot in Polen?

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Der polnische Sejm muss sich mit einem homophoben Gesetzesentwurf befassen, der einem Quasi-Verbot der queeren Bewegung gleichkommt.

Foto: Fundacja Życie i Rodzina / CC BY-SA 4.0 / wikimedia.org

Am 9. November reichte eine Bürgerinitiative rund um die Pro-Life-Aktivistin Kaja Godek einen Gesetzesentwurf namens „Stop LGBT“ beim Sejm ein – der Antrag sieht ein Verbot jeglicher Versammlungen vor, bei denen „die Ehe als Vereinigung von Mann und Frau infrage gestellt“ bzw. „gleichgeschlechtliche Beziehungen gefördert“ werden.

„Wir wollen ein Verbot von Pride-Veranstaltungen, weil sie gegen die Verfassungsordnung verstoßen“,

sagte Krzysztof Kasprzak von der Initiative Życie i Rodzina („Leben und Familie“), in einem Interview. Er selbst habe gesehen, wie auf Pride-Veranstaltungen versucht worden sei, die in Artikel 18 definierte verfassungsmäßige Ordnung – gemeint ist die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau – zu untergraben. 

Konkret sieht der Entwurf ein Verbot aller Versammlungen oder Demonstrationen vor, die auf einen der folgenden Punkte abzielen:

Foto: facebook.com/pg/jakubidawid

Der Begriff „Förderung“ im Gesetzesentwurf umfasst

„alle Formen von Veröffentlichung, Verbreitung, Agitation, Lobbyarbeit, Behauptungen, Erwartungen, Bitten, Anträgen, Empfehlungen oder Werbung“, 

und würde sich damit auf den gesamten Bereich des öffentlichen Lebens erstrecken. Das käme einem Verbot der queeren Bewegung gleich, erklärte Anna Błaszczak-Banasiak vom Büro des Bürgerbeauftragten Adam Bodnar gegenüber OKO.press, und wäre eine grobe Verletzung der polnischen Verfassung. 

Katholische Kirche beteiligt

Damit sich der Sejm mit einem derartigen Antrag befassen muss, braucht es mindestens 100.000 Unterschriften. Die „Stop LGBT“-Initiative legte über 200.000 Unterschriften vor – gesammelt mit Unterstützung der römisch-katholischen Kirche, die sich an Kaja Godeks Projekten immer schon rege beteiligt hat. In ganz Polen haben Pfarrgemeinden zur Unterzeichnung der Petition aufgerufen oder das Sammeln der Unterschriften im Anschluss von Gottesdiensten gleich selbst erledigt.

Sie alle sind auf einer Landkarte – dem „Atlas des Hasses“, den Gegner der „Stop LGBT“-Kampagne erstellt haben – vermerkt: Es sind über 300 Gemeinden. Blau markiert wurden Gemeinden, die zwischen 2014 und 2020 EU-Subventionen erhalten haben.

Foto: Paterm / CC BY-SA 4.0 / wikimedia.org

Doch längst nicht der gesamte Klerus unterstützt die homophobe Kampagne. Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki, stellte sich gegen die homophobe Initiative. In einem Rundschreiben an die Gemeinden der Erzdiözese Posen, das auf der Webseite von DEON veröffentlicht wurde, erklärte er:

„In Bezug auf die Aktion der Unterschriftensammlung im Rahmen des von Kaja Godek geförderten Sozialgesetzes ‚Stop LGBT‘ möchten wir Sie darüber informieren, dass Erzbischof Stanisław Gądecki der Förderung und Umsetzung auf kirchlichem Terrain der Erzdiözese Poznań nicht zugestimmt hat.“

Das polnische Parlament hat nun drei Monate Zeit, um den Entwurf zur Beratung vorzulegen.

Kaja Godek auch Mutter des Abtreibungsbanns

Kaja Godek war schon einmal erfolgreich: Auf sie geht ein Antrag zur Verschärfung des Abtreibungsgesetzes in Polen zurück, das Abtreibungen nur mehr bei Gefährdung von Leben oder Gesundheit der Frau und nach einer Vergewaltigung bzw. bei Inzest erlauben wollte.

Am 22. Oktober 2020 bestätigte ein Urteil des Verfassungsgerichts Kaja Godeks Bedenken. In Polen besteht seither ein faktisches Verbot von Abtreibungen.

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