Aktivist erwirkt gerichtliches Verbot von Anti-LGBT-Aufklebern in Polen

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Am Donnerstag erwirkte das Bezirksgericht in Warschau eine einstweilige Verfügung gegen die „LGBT-freie Zone“-Sticker, die die Gazeta Polska ihrer aktuellen Ausgabe beilegt (blu berichtete). Der Entscheid fußt auf einer Beschwerde des queeren Aktivisten Bartosz Staszewski. Die Verteilung der Sticker ist damit offiziell gestoppt, die Debatte nimmt aber erst Fahrt auf. 

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Mit Hilfe der Anwälte der Initiative  „Wolne sądy“ („Freie Gerichte“), die sich für Bürgerrechte und demokratische Aufklärung in Polen einsetzt, hatte Bartosz Staszewski Anfang der Woche eine gerichtliche Beschwerde gegen die homophobe Sticker-Aktion der Gazeta Polska eingelegt. Als Begründung wurde die Einschränkung der Teilnahme am sozialen Leben und der persönlichen Sicherheit angeführt, die die Sticker für Staszewski – einen offen schwulen Mann, der gleichzeitig Aktivist und Organisator des Pride-Marsches von Lublin ist – bedeuten. Das Bezirksgericht in Warschau gab der Beschwerde statt und verhängte eine einstweilige Verfügung gegen die Gazeta Polska, beziehungsweise deren Sticker-Aktion. Offiziell dürfen die  „LGBT-freie Zone“- Sticker somit nicht mehr ausgegeben werden. 

Die Entscheidung des Gerichts ist zunächst vorläufig. Ob ein endgültiges Verbot für die Sticker, das weiteren derartig homophoben Aktionen als Präzedenzfall vorbeugen könnte, verhängt wird, soll nach eingehender gerichtlicher Prüfung und einer weiteren Begründung der persönlichen Betroffenheit von Bartosz Staszewski (der in diesem Fall als Stellvertreter für alle LGBTIQ* in Polen fungiert) entschieden werden. 

Tomasz Sakiewicz, Chefredakteur der Gazeta Polska, macht in den sozialen Medien sowie dem Online-Organ seines Verlags Niezalezna erwartungsgemäß Stimmung gegen den Gerichtsentscheid. Neben der Ankündigung einer Gegenklage forderte er Kioskbesitzer dazu auf, das Verbot zu ignorieren. Außerdem verdrehte er die Vergleiche, die Politiker und Aktivisten in Bezug auf die Sticker-Aktion zu „Juden verboten“-Aushängen aus der Nazizeit gezogen hatten (blu berichtete), indem er das Verbot seinerseits als Ausdruck einer „totalitären“ LGBTIQ*-Ideologie verurteilte. 

In den sozialen Medien tauchen derweil Bilder von Kiosken auf, in denen das Magazin (inklusive Aufkleber) trotzdem erhältlich sein soll. Der Fall ist also genauso wenig abgeschlossen wie das Problem der generell in Polen grassierenden und durch die Regierungspartei PiS (der auch die Gazeta Polska nahesteht) geförderten LGBTIQ*-Feindlichkeit gelöst ist.

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