Kuss in Mekka: Facebook verliert vor Gericht

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David siegt gegen Goliath: Der Blogger, der mit seiner Montage eines schwulen Kusses in Mekka für einen riesigen Schrei der Entrüstung aus religiösen Kreisen sorgte, gewinnt vor Gericht gegen Facebook. Die Plattform sperrte ihn nach dem Post – und muss nun die Konsequenzen tragen.

Foto: Hisham / Sherwan

Morddrohungen wegen eines Bildes – die erhielt Amed Sherwan im Dezember 2020 massenhaft, sicher mehr, als er zählen wollte. Er spricht von Tausenden. Und nicht nur das: Sogar seine Freunde wurden mit dem Tode bedroht! Auslöser: Sherwan postete auf Facebook und Instagram eine Fotomontage, die einen Kuss zwischen ihm und einem Freund zeigte – vor der Kaaba in Mekka, zusammen mit Regenbogen und Regenbogenflagge. Für viele anscheinend weniger ein Aufruf für Liebe und Akzeptanz als vielmehr eine Hirninfarkte auslösende Provokation. Der Blogger, der sich für Gleichberechtigung und Menschenrechte in der islamischen Welt stark macht, sah sich in der Folge einem Shitstorm biblischen Ausmaßes gegenüber. 


Facebook stellt sich auf die Seite der homophoben Hetzer

Facebook bekleckerte sich in der Affäre alles andere als mit Ruhm: Die Verantwortlichen sperrten nicht etwa die Konten der Menschen, die Hass und Hetze verbreiteten und Morddrohungen gegen den Aktivisten aussprachen – sondern Sherwan selbst. Sein Instagram-Profil wurde sogar komplett gelöscht. Er wehrte sich dagegen gerichtlich und erwirkte mit seinem Anwalt eine einstweilige Verfügung, woraufhin Facebook die Konten wieder freischalten musste. 

Diese Woche verkündete der Aktivist – natürlich auf Facebook – eine Erfolgsmeldung: Das Landgericht Flensburg entschied zu seinen Gunsten – und gegen Social Media-Gigant Facebook. In dem Verfahren, das vom 18. Februar auf den 17. März verschoben wurde, sollte Facebook darlegen, wie es zu den Löschungen kam. Einsicht? Anscheinend Fehlanzeige: Sherwan zufolge versuchte Facebook zu argumentieren, er könne seine Inhalte zum Thema Homosexualität doch auch bei YouTube oder Twitter einstellen. Das Gericht konnte diese Argumentation scheinbar nicht nachvollziehen. Nach übereinstimmender Erledigungserkärung muss Facebook nun sogar die gesamten Kosten des Verfahrens übernehmen. Sherwan schreibt erleichtert:

„Ich bin überglücklich über dieses wichtige Zeichen für Meinungsfreiheit im Netz: Ein religiöser Mob darf sich mit seinen menschenfeindlichen Vorstellungen nicht bei Facebook durchsetzen! Ein Kuss ist kein Verbrechen!“

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