Liebe in Zeiten von Corona: Hochzeit in letzter Minute

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Es ist eine Zeit, an die wir uns wohl noch lange erinnern werden: Viele Dinge, die wir für selbstverständlich gehalten haben, sind plötzlich fort. Die Pfeiler unseres sozialen Lebens sind fast alle weggebrochen und alles, was nicht unbedingt nötig ist, wurde gestrichen. Sogar Hochzeiten. 

Eine Hochzeit soll eines der schönsten Ereignisse im Leben zweier Menschen sein. Man plant sie lange Zeit im Voraus, oft wird daraus ein rauschendes Fest. In diesem Falle nicht: Ein schwules Paar aus New York City schaffte es nun als eines der letzten, die Ehe zu schließen – bevor die Stadt die Ausgangssperre verhängte. Gefeiert wurde in der Wohnung und statt Konservendosen am Auto gab es ein Pappschild auf der Feuertreppe.


Angst um die medizinische Versorgung 

Foto: twitter.com/brianbrownbear

Mitch und Brian verlobten sich letzten Sommer, doch ihre Hochzeit sollte erst in einigen Monaten stattfinden. Eigentlich. In den letzten Wochen traten immer mehr Covid-19-Fälle in New York City auf, Ämter wurden geschlossen, die Straßen waren wie leergefegt. Mitch und Brian beschlossen: Sie wollten heiraten. Jetzt. 

Mitch und Brian handelten nicht nur aus Liebe, sondern auch aus Vernunft: Mitch, der in einer Non-Profit-Organisation mit Schwerpunkt Kunst und Kultur arbeitet, fürchtete nach Ausbruch der Krankheit um seinen Job und damit auch seine Krankenversicherung. Und zu Zeiten von Covid-19 möchte in den USA aufgrund des brüchigen Gesundheitssystems wirklich niemand um seine Krankenversicherung fürchten. 

Letzten Donnerstag brachen Mitch und Brian daher aus der Isolation ihrer Wohnung auf, um im Rathaus ihre Hochzeitszulassung zu beantragen. Dort wurde ihnen gesagt, eine Hochzeit wäre nur dann noch möglich, wenn man jemanden kennt, der berechtigt ist, die Trauung durchzuführen und die Zulassung zu unterschreiben. Glück im Unglück: Brian kannte jemanden, einen Arbeitskollegen.

Die beiden eilten zurück nach Hause, kurze Zeit später kamen Brians Kollege und zwei Trauzeugen. Zu fünft führten sie die Zeremonie in der Wohnung durch. Statt mit einem Autokorso und Konservendosen am Auspuff feierten Mitch und Brian ihre Hochzeit still und leise mit einem Schild an der Feuertreppe. Darauf stand: „Just married (still quarantined)“.

In sozialen Netzwerken verkündeten sie anschließend ihre Eheschließung und versprachen ihren jubelnden Freunden und Followern: Sobald die Quarantänezeit vorbei ist, gibt es doch noch ein rauschendes Fest. Die Ehe mit Brian rettete Mitch – nun sind sie beide über Brians Arbeitgeber versichert.

Letzten Freitag, einen Tag nach der Hochzeit, verkündete das Rathaus, die Stelle für Hochzeitzulassungen werde bis auf weiteres geschlossen. Anfang der Woche wurde in New York eine Ausgangssperre verhängt. Brian und Mitch haben ihre bislang letzte Chance genutzt.

In Deutschland ist es in manchen Standesämtern noch möglich, die Ehe zu schließen. So in Frankfurt – allerdings im unromantischen Schnellverfahren. Dazu wurde speziell ein Raum eingerichtet, in dem Brautpaar und Standesbeamter durch eine Glasscheibe voneinander getrennt sind. Die Trauung dauert nur drei Minuten und ist rein bürokratisch. Voraussetzung: Man muss bereits früher einen Termin vereinbart haben, neue Termine werden bis auf Weiteres nicht vergeben. 


Lage in New York spitzt sich zu 

Foto: blu

Die Millionenmetropole New York City entwickelt sich zum Brandherd der Pandemie. Sollten die Zahlen der chinesischen Regierung stimmen, hat die USA seit gestern Abend mit 85.800 Infizierten mehr Covid-19-Fälle zu beklagen als China und Italien. An den Folgen der Krankheit sind in den Staaten mindestens 1195 Menschen – alleine an einem Tag starben 13 Menschen im Elmhurst Hospital Center in Queens, New York. 

Mehr als die Hälfte der landesweit Infizierten befindet sich in New York. Eine Krankenschwester aus Long Island erzählte CNN, sie und ihre Kolleg*innen stünden bereits kurz vor dem Zusammenbruch. Immer mehr Menschen mit Atemproblemen, Fieber und Todesangst würden die Notaufnahmen heimsuchen. Und das Krankenhauspersonal ist sich sicher: Es wird noch sehr viel schlimmer werden. 

Auch die Community hat bereits Covid-19-Opfer aus New York zu beklagen, darunter Dragqueen Mona Foot, die Anfang der Woche tot aufgefunden wurde. Im Mount Sinai Hospital in Manhattan kämpft derweil Designer Tarek Soliman gegen die Krankheit (wir berichteten).

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