Rabbi: „Das jüdische Gesetz verbietet gleichgeschlechtlichen Paaren nicht die Gründung einer Familie“

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Binyamin „Benny“ Lau (59), ein prominenter orthodoxer Rabbiner aus Israel veröffentlichte eine Erklärung zur Unterstützung gleichgeschlechtlicher Paare. Der Titel lautet: „Es ist nicht gut für den Menschen, allein zu sein: Beziehungen und Familie für die Söhne und Töchter der LGBT-Gemeinschaft“. Darin betont er: Das jüdische Gesetz verbietet Mitgliedern der Community nicht, Kinder zu erziehen und eine Familie zu gründen.

Lau gehört der Religiösen Zionistischen Bewegung Israels an. Dabei handelt es sich um eine Ideologie, die Zionismus und orthodoxes Judentum verbindet. Die Gemeinschaft hatte in den letzten Jahren mit der Spannung zwischen dem Verbot homosexueller Beziehungen in der Thora und der zunehmenden Akzeptanz von LGBTQ+ in der säkularen Welt zu kämpfen.

Der Rabbiner betont, es handele sich bei seiner Schrift nicht um in Stein gemeißelte Regeln, vielmehr sei es ein Versuch, Richtlinien für die Akzeptanz von queeren Menschen innerhalb des Judentums festzulegen und den Weg für ein mögliches Leben zu ebnen.

Deutliche Worte fand Lau für Konversionsverfahren: Er sagte, dass der Versuch, die sexuelle Orientierung einer Person zu „korrigieren“, psychische Schäden verursachen würde, die verheerend und tödlich sein könnten. Ebenso sei es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, eine Person im Rahmen einer spirituellen oder mentalen Begleitung anzuweisen, sich des Sexuallebens vollständig zu enthalten.


Ehe und Familie: Das Recht eines jeden Menschen

„Der Wunsch, die Welt darüber zu informieren, dass wir uns entschieden haben, in einer ehelichen Partnerschaft zu leben, ist ein verständlicher Wunsch“

Homosexuelle dürften sich nicht unter Druck gesetzt fühlen, eine heterosexuelle Ehe einzugehen, so Lau. Zwar räumte er ein, dass im Bezug auf die gleichgeschlechtliche Ehe noch keine „akzeptable Lösung“ in der jüdisch-orthodoxen Welt gefunden wurde, schlug aber vor, dass gleichgeschlechtliche Paare Bindungszeremonien vollziehen sollten, die keine klassische jüdische Hochzeit zu imitieren versuchen. Er äußerte die Hoffnung, dass es den religiösen Familien der Liebenden dadurch leichter falle, daran teilzunehmen. 

Foto: Privat

Im Bezug auf die Familiengründung machte Lau deutlich:

„Der Wunsch eines jeden Menschen, Leben in die Welt zu bringen, ist eine tiefe und angeborene Natur. Niemand kann und darf diesen inneren Wunsch unterdrücken.“

Es müsse darauf geachtet werden, dass die Welt die Würde der Kinder gleichgeschlechtlicher Paare nicht verletze. Queere Familien hätten nicht gesündigt und die Kinder würden sich von anderen Kindern nicht unterscheiden, so der Rabbiner. Er verlangt: Die Familien müssen in ihren religiösen Gemeinschaften vollständige Akzeptanz erfahren. 


Reformer des Glaubens

Foto: Benny Lau / Facebook

Tut sich etwas in der Welt der Religion? Diese Woche verkündete Papst Franziskus mit einem Paukenschlag, gleichgeschlechtlichen Paaren müsse eine eingetragene Lebenspartnerschaft ermöglicht werden – da sie auf diese Weise rechtlich abgesichert wären (wir berichteten). 

Sowohl Papst Franziskus als auch Benny Lau haftet der Ruf eines Reformers an – was in der Welt des Glaubens in etwa bedeutet, dass sie in der Vergangenheit erzkonservative Menschen gegen sich aufgebracht haben. Laut der Zeitung „The Times of Israel“ erhielt Lau bereits oft heftige Gegenreaktionen für seine weltoffene und fortschrittliche Einstellung zu diversen Themen, vor allem für seine Akzeptanz der Queercommunity.

Lau ist Neffe des ehemaligen israelischen Oberrabbiners Yisrael Meir Lau und der Cousin von David Lau, dem derzeitigen aschkenasischen Oberrabbiner Israels. Sein Bruder Amichai Lau-Lavie ist ein offen schwuler Rabbiner, der in New York lebt.

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