Fortschritt in Rumänien: Erste Trans*frau will für öffentliches Amt kandidieren

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Sie ist Roma, Transgender und Sexarbeiterin – und stellt sich weißen, privilegierten Männern entgegen: Antonella Lerca (30) will für ein öffentliches Amt in Rumänien kandidieren und schreibt damit Geschichte. Ihre Motivation: Der Kampf für die Rechte von Frauen, Minderheiten und der Einsatz gegen Armut. Die Situation ist schwierig: Letzten Monat scheiterte ein transphobes Gesetz in Rumänien nur knapp. 

Die 30-jährige Trans*frau Antonella Lerca möchte als unabhängige Kandidatin für Distrikt 2 in der rumänischen Hauptstadt Bukarest in den Gemeinderat einziehen. Diese Woche startete sie ihre Kampagne. Warum? Weil sie es satt hat, keine queere Vertretung in der rumänischen Politik zu sehen. Kurzerhand nahm Lerca die Sache also selbst in die Hand.

Gegenüber dem britischen Nachrichtenportal Pinknews erklärte sie, dass sie auf acht Jahre Erfahrung als Menschenrechtsaktivistin zurückgreifen könne. Für die Menschen will sie da sein, kämpfen, für Gerechtigkeit sorgen. Sie steht bei dem Wahlkampf vielen konservativen Menschen gegenüber – aber ihre gesamte Lebenserfahrung habe ihr die Kraft gegeben, sich diesem Wahlkampf zu stellen, so Lerca.

„Ich hatte genug von reichen, weißen, privilegierten Männern, die Entscheidungen für schutzbedürftige Gemeinschaften in Rumänien treffen. Wie die Roma-Gemeinschaft, die Transgender-Gemeinschaft und die Sexarbeiter-Gemeinschaft – die drei Gemeinschaften, denen ich angehöre."


Kampf gegen Armut, Frauenhass, Ungerechtigkeit

Foto: facebook.com/vilanova.antonella

Ihre Ziele: Sozialwohnungen, die Einführung eines Mietendeckels und stärkere Investitionen in Infrastruktur- und Bildungsprogramme für Distrikt 2. Der Kampf gegen sexuelle Belästigung und Aggression gegen Frauen stehen ebenso oben auf der Liste wie der Bau von Schutzhütten für Mütter und Kinder. 

„Armut wird durch aktive Maßnahmen bekämpft. Das alte politische Establishment hat in den letzten Monaten seine Verfehlung bewiesen, und es ist eine wesentliche Änderung erforderlich, und ich denke, ich kann bei dieser Änderung helfen."

Die Corona-Pandemie gab Lerca den letzten Schubser, den sie benötigte, um die Kandidatur aufzunehmen. Sie sei bereit, in dieser Krisenzeit Verantwortung zu übernehmen, so die tatendurstige Trans*frau. 

„Die Krise wird zunehmen und die am stärksten gefährdeten Gemeinschaften betreffen, deren Stimmen gehört und in der lokalen Politik vertreten werden müssen."

Letzte Woche begann Lerca damit, Unterschriften zu sammeln. Um offiziell am Rennen um den Sitz im Gemeinderat teilnehmen zu können, benötigt sie Unterschriften von mindestens 0,5% der Wähler in Distrikt 2: sprich ungefähr 2000 Unterschriften. Die finale Wahl findet am 27. September statt.


Transphobes Gesetz scheiterte in Rumänien nur knapp

Foto: Flickr User European People's Party / CC BY 2.0

Ende Juni 2020 verabschiedete der Senat in Rumänien ein Gesetz, das es verboten hätte, über die Varianz sexueller Identitäten in jeder Schule oder Universität des Landes zu sprechen. 

„...Aktivitäten zur Verbreitung der Theorie oder Meinung zur Geschlechtsidentität, verstanden als die Theorie oder Meinung, dass Gender ein anderes Konzept als biologisches Geschlecht ist und dass die beiden nicht immer gleich sind“.

Das Gesetz wurde von Menschenrechtlern und queeren Organisationen aufs Schärfste verurteilt. Auch große Universitäten des Landes gingen auf die Barrikaden, da durch das Gesetz eine Verletzung der Redefreiheit und des Rechtes auf Bildung bestanden hätte. Der Präsident Klaus Iohannis, der das Gesetz final hätte absegnen müssen, lehnte es schließlich ab. 

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