#Biografie • Schwarz, bisexuell und als Superstar ihrer Zeit voraus: Josephine Baker

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Sie war Sängerin, Tänzerin, Sex-Symbol, Widerstandskämpferin gegen die Nazis, Antirassistin, Feministin, bisexuell und ist jetzt die erste schwarze Frau im Pariser Panthéon. Josephine Baker – ein eigentlich undenkbares Leben unter dem Regenbogen. 

Rassenhass prägte die Kindheit – Flucht in die Kunst

Freda Josephine McDonald, geboren in 1906 in St. Louis, Missouri, als uneheliche Tochter der schwarzen Waschfrau Carrie McDonald. Als ihr Vater gilt der jüdische Schlagzeugers Eddie Carson, auch wenn ihr Adoptivsohn Jean-Claude Baker in seiner Biographie zu dem Schluss kommt, dass ihr Vater zwar weiß war, aber nicht Carson. Rassismus prägte ihr Leben, das sie vollständig in den Dienst für die Menschenrechte und den Kampf für die Gleichberechtigung aller Menschen stellte.  

Foto: Lucien Walery (1863-1935) / Leemage

Foto: AFP

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Josephine fing mit 8 Jahren an als Dienstmädchen zu arbeiten, später als Kellnerin und die erste Heirat fand mit 13 statt. Die Pogrome gegen Schwarze die sie mit 11 Jahren miterlebt, prägten sie zeitlebens. Nach der Scheidung weniger als ein Jahr nach der Heirat heuerte sie bei einer Tanztruppe an. Sie heiratete Willie Baker mit 15 verließ ihn aber als sie eine Rolle in der reisenden Produktion von Noble Sissle und Eubie Blakes Musical Shuffle Along, einem der ersten komplett schwarzen Musicals am Broadway, bekam. In NewYork begann Baker ihre Sexualität zu erforschen und hatte ihre eine Beziehung mit der Blues-Sängerin Clara Smith. Ihre einzigartige und charismatische Kombination aus Humor und Tanz kam an, es folgten weitere Auftritte, auch erste in Berlin und Paris. 1925, mit 19, verlässt sei die USA und ihren Mann endgültig.

Internationaler Durchbruch mit 19

Mit La Revue Nègre landet sie 1925 ihren ersten Hit in Paris und etablierte den jazz hot – sie wird über Nacht zum Superstar in Europa. 1926 lernte sie Pepito Abatino kennen, der ihr Geliebter und Manager wird, eröffnete im Dezember ihren eigenen Nachtclubs Chez Joséphine in Paris und kreierte den Tanz, mit dem sie unsterblich wird: den danse sauvage, den Tanz mit dem Bananenrock. Pablo Picasso malte sie, Ernest Heminway bezeichnete sie als die

sensationellste Frau, die je gesehen wurde.”

Aber sie wurde nicht überall gefeiert. In Wien gab es Sondergottesdienste und Kirchenläuten gegen ihren Auftritt, München verbot ihn sogar und die New York Times bezeichnete sie u.a. als Negerschlampe“ (“Negro wench”), was sie persönlich besonders hart traf, dann aber auch noch mehr darin bestärkte, irgendwann über die Rassentrennung triumphierend nach Amerka zurückkehren zu können. 

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Offen bisexuell oder doch im Schrank?

Baker wurde 1937 französische Staatsbürgerin, als sie den jüdischen Industriellen Jean Lion heiratete. Ihr ganzes Leben lang wurden ihr Affären mit Frauen nachgesagt (einschließlich einer angeblichen Affäre mit Frida Kahlo). Es wird abwechselnd berichtet, dass Baker zu Lebzeiten offen zu ihrer Sexualität stand oder nicht.

Résistance – erster Widerstand gegen den Menschenhass

Als sie sich weigerte, in Paris zu singen, solange die Deutschen die Stadt während des Zweiten Weltkriegs besetzten, wurde Baker für die französischen Résistance rekrutiert. Schließlich wurde sie sogar Mitglied der Luftwaffe, sang für Soldaten an der Front und versteckte sowohl Angehörige der Résistance als auch Juden in ihrem Anwesen in der südfranzösischen Dordogne. Später schmuggelte sie Geheiminformationen in ihren Partituren über Grenzen und arbeitete als Spionin.

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Die wegen Rassismus und Misogynie oft unerwähnte Geschichte der Josephine Baker

An dieser Stelle endet bei den meisten Menschen Europas das Wissen über ihr Leben. Aber eigentlich startete Josephine Bakers Leben als Antirassistin nach dem zweiten Weltkrieg erst richtig durch. Sie bekam das Croix de Guerre und die Medaille de la Résistance verliehen und heiratete 1947 den französischen Orchesterleiter Jo Bouillon. Und es wurde Zeit, ihr Versprechen an sich selbst und die schwarze Bürgerrechtsbewegung einzulösen:  Durch ihre Weigerung bei ihrer Amerika-Tournee vor nach Rasse getrenntem Publikum aufzutreten oder in nach Rasse aufgeteilten Hotels zu schlafen, erreichte sie 1951 dass erstmals in Amerika einige Einrichtungen für Afro-Amerikaner geöffnet wurden. Dafür wurde sie von der National Association for the Advancement of Colored People (NAACP) zur herausragendsten Frau des Jahres ernannt.

Erfindung der Regenbogenfamilie und Erfüllung eines Traumes

Da sie nach einer Fehlgeburt keine Kinder bekommen konnte, adoptierte sie zwischen 1954 und 1965 zehn Jungen und zwei Mädchen unterschiedlicher Hautfarbe und Religion aus aller Welt – ihre Regenbogenfamilie. Sie setzte sich auch weiter für die Bürgerrechte ein und hielt beim berühmten Marsch auf Washington neben Martin Luther King eine leidenschaftliche Rede – als einzige Frau am Rednerpult dieses denkwürdigen Tages. Wie sie den Menschen entgegen rief, der glücklichste Moment ihres Lebens. 

Foto: Sarah Meyssonnier / AFP

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Foto: Thibault Camus / POOL / AFP

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Lebensabend und späte Ehrung

Das Schloss, dem Château Milandes, in der Dordogne in dem ihre Kinder aufwuchsen musste sie 1969 wegen Schulden verkaufen, aber Fürstin Grace von Monaco schenkte ihr eine Villa in Monaco. Sie starb 1975 nach einem Schlaganfall.

Der vorerst letzte Akt zu Josephine Bakers außergewöhnlichem Leben spielte am 30. November 2021. Sie erhielt als erste schwarze Frau und erst sechste Frau überhaupt einen Platz im Pariser Panthéon. Dem Ehrenmausoleum, in dem unter anderem Voltaire, Alexandre Dumas, Louis Braille und Marie Curie bestattet sind. Der Sarg, der am Dienstag von Mitgliedern der Luftwaffe feierlich ins Panthéon getragen wurde, enthält je eine Handvoll Erde aus ihrer amerikanischen Heimat, aus Paris, der Dordogne und aus Monaco. Ihr Grab in Monaco bleibt auf Wunsch der Familie bestehen. *Christiene Metzger / Christian Knuth


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