Banksy: Rettet er ein queeres Kulturerbe?

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Der weltberühmte Künstler möchte dabei helfen, das Gefängnis, in dem Oscar Wilde einst wegen seiner Homosexualität inhaftiert war, in ein Kunstzentrum zu verwandeln. Er spendete zu diesem Zweck eine Schablone, mit der er im März ein Kunstwerk auf die Fassade des Gebäudes malte. Der Erlös könnte Schätzungen zufolge über 13,3 Millionen Euro einbringen.

Foto: Screenshot Instagram / Banksy

Der berühmte britische Künstler, dessen wahre Identität bis heute größtenteils unbekannt ist, hat eine Schablone gespendet, mit der er im März ein Wandgemälde an die Fassade des berühmten ehemaligen Gefängnisses malte. Es zeigt einen Häftling, der an einem Seil flieht, das aus an einer Schreibmaschine befestigten Blättern besteht. Banksy soll die Schablone den Bürgern von Reading geschenkt haben – allerdings unter der Bedingung, dass der gesamte Erlös verwendet wird, um das Kaufangebot des Stadtrats von Reading (rund 64 Kilometer von London) zu unterstützen, der das unter Denkmalschutz stehende Gebäude kaufen möchte.

Banksy sagte nach der Schaffung seines Kunstwerks gegenüber der Sunday Times:

„Ich habe mir selbst versprochen, die Wand zu malen, noch bevor ich wusste, was es ist. Aber jetzt bin ich Feuer und Flamme dafür. Oscar Wilde ist der Schutzpatron, wenn es darum geht, zwei gegensätzliche Ideen miteinander zu verbinden, um Magie zu schaffen. Den Ort, der ihn zerstört hat, in einen Zufluchtsort für die Kunst zu verwandeln, fühlt sich so perfekt an, dass wir es tun müssen.“


Das Gefängnis, das Oscar Wilde zerstörte

Die Unterstützung durch den weltberühmten Künstler wurde von Aktivist*innen der Kampagne „Save Reading Gaol“ angekündigt. Sie drückten ihre Hoffnung aus, die Spende werde ausreichen, um das Justizministerium davon zu überzeugen, die Bewerbung des Stadtrats von Reading für die Umgestaltung des Gefängnisses anzunehmen. Ein Sprecher von Banksy sagte, dass der Kulturminister über die Zusage von Geldern informiert worden sei, dass bislang aber noch keine Antwort einging.

Foto: Napoleon Sarony

Das Gefängnis, das im Volksmund als Reading Gaol bekannt ist, steht seit 2013 leer und wird seit 2019 zum Verkauf angeboten. Damals bezeichnete Karen Rowland, Readings Stadträtin für Freizeit, das Gebäude als „LGBT-Kulturerbe“ und verwies dabei auf die Verbindung zu Wildes Inhaftierung. In diesem Zuchthaus wurde er wegen homosexuellen Beziehungen eingesperrt, hier erfuhr er grobe Ungerechtigkeit, hier wurde er gebrochen. Das Gebäude könnte am Ende einfach in Wohnungen verwandelt werden – wenn kein besseres finanzielles Angebot eingeht.

Am 25. Mai 1895 wurde Oscar Wilde wegen Umgang mit männlichen Prostituierten zu zwei Jahren Zuchthaus mit schwerer Zwangsarbeit verurteilt. Die zwei Jahre ruinierten seine Gesundheit. Nach einigen Monaten in einem Londoner Zuchthaus wurde der Schriftsteller im November 1895 in das Zuchthaus in Reading überführt. Dort galt Einzelhaft und Isolation, viele Insassen bekamen psychische Probleme. Wildes Frau Constance, die ihn drei Monate später besuchte, schrieb ihrem Bruder anschließend entsetzt, im Vergleich zu früher sei ihr Mann ein vollkommenes Wrack. Nach seiner Haftentlassung floh der Verfasser von Das Bildnis des Dorian Gray, inzwischen gesundheitlich stark angeschlagen, aus Großbritannien. Außer dem Stück Die Ballade vom Zuchthaus zu Reading schrieb Wilde bis zu seinem Tode drei Jahre später, einsam und verarmt, nichts mehr. In seine Heimat kehrte er nie mehr zurück.

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