Weltsynode enttäuscht queere Katholik*innen

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In Rom ist am Sonntag die XVI. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode zu Ende gegangen. Seit dem 4. Oktober 2023 hatten sich mehr als 350 Teilnehmer*innen dazu unter dem Leitwort „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ im Vatikan versammelt. 

Die im Vatikan hinter geschlossenen Türen gehaltenen Diskussionen folgten einer zweijährigen Zeit weltweiter Beratungen über die Zukunft der Kirche, bei denen es um Themen wie die Ordination verheirateter Priester und die Behandlung von LGBTIQ*-Gläubigen ging. Erstmals durften Frauen und Laien in gleicher Weise abstimmen wie Bischöfe und Kardinäle.

Zum Abschluss ihrer vierwöchigen Beratungen einigten sich die 365 Mitglieder des Gremiums, unter ihnen Papst Franziskus, auf ein 42-seitiges Dokument, in dem sie ihre Schlussfolgerungen zu einer Reihe von Themen von Polygamie bis zur digitalen Kultur darlegen. Die Weltsynode schlägt darin unter anderem vor, weiter zu prüfen, ob Frauen Diakoninnen werden können.

Einführung des Diakonats für Frauen soll geprüft werden

Die Stellung von Frauen in der Katholischen Kirche war das zentrale Thema der Weltsynode. „Es besteht ein dringender Bedarf, dass Frauen an Entscheidungsprozessen teilnehmen und verantwortungsvolle Aufgaben in der Seelsorge und im Dienst übernehmen“, hieß es in der Abschlusserklärung. Eine Zulassung von Frauen zum Diakonat bleibt innerhalb der Kirche jedoch umstritten. Als Diakoninnen könnten sie Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen abhalten – nicht jedoch Gottesdienste.

Die Weltsynode fordert daher weitere „theologische und pastorale Untersuchungen“ zum Thema. Die Ergebnisse sollen bei der Nächsten Zusammenkunft in einem Jahr veröffentlicht werden. Während der Synode hätten Frauen von einer „Kirche, die wehtut“ gesprochen, heißt es im Abschlussdokument. Sie beschwerten sich darüber, dass „Klerikalismus, eine chauvinistische Mentalität und ein unangemessener Gebrauch von Autorität weiter das Gesicht der Kirche prägen“.

LGBTIQ*: Emotionaler Bericht rührt zu Tränen


-> In diesem Artikel wird über Suizid berichtet. Wer mit diesem Thema lieber nicht konfrontiert werden will oder kann, sollte nicht weiterlesen. Wenn du selbst Suizidgedanken hast, in einer schweren emotionalen oder psychischen Krise steckst, steht dir die Krisenhilfe der Telefonseelsorge unter den kostenfreien Nummern 0800 1110111 und 0800 1110222 jederzeit zur Verfügung. 


Ein emotionaler Zeugenbericht über den Suizid einer jungen bisexuellen Frau, die sich das Leben nahm, weil sie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung von der Kirche bzw. von Kirchenträgern ausgestoßen wurde, rührte viele Teilnehmende zu Tränen und war prägend für die Synode. 

Foto: Yannick Coupannec / Leemage via AFP

Der englische Dominikanerpater Timothy Radcliffe griff diesen Bericht bei der 12. Generalversammlung am 18. Oktober auf. „Viele von uns weinten, als wir von dieser jungen Frau hörten, die Selbstmord beging, weil sie bisexuell war und sich nicht willkommen fühlte“, sagte der Dominikanerpater in seinem „geistlichen Input“, der auf Vatican News nachzulesen ist, und verwies auf eine mittlerweile oft zitierte Aussage des Papstes, dass die katholische Kirche eine Kirche für alle (todos) offen sei:

„Ich hoffe, es hat uns verändert. Der Heilige Vater [Papst Franziskus, Anm. d. Red.] hat uns daran erinnert, dass alle willkommen sind: todos, todos, todos.“

Laut Domradio soll Radcliffe mit seinem Vortrag eine entscheidende Voraussetzung für ein neues Mindset innerhalb der Kirche geschaffen haben. Danach hätten sich viele getraut, konkreter, persönlicher und auch subjektiver zu sprechen. „A new mindset“ nahm auch Gintaras GrusasPräsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), wahr. Er sprach von einer neuen Mentalität mit veränderter Grundhaltung und betonte, der Prozess sei „wichtiger als die Beschlüsse“.

The new old mindset

Vor dem Hintergrund des Leitworts „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ kann die Synodalversammlung für die queere Community nicht als Erfolg gewertet werden. Im Gegensatz zu bisherigen Dokumenten – so etwa im Arbeitspapier „Instrumentum laboris“, das im Vorfeld der Synode veröffentlicht wurde – werden queere Menschen im 42-seitigen Abschlusstext nicht explizit thematisiert, der Begriff „LGBT“ wurde sogar in letzter Minute aus dem Synodendokument gestrichen. Nun heißt es lediglich:  

„Auf unterschiedliche Weise bitten auch Menschen, die sich aufgrund ihrer Ehesituation, Identität und Sexualität an den Rand gedrängt oder von der Kirche ausgeschlossen fühlen, darum, gehört und begleitet zu werden und dass ihre Würde verteidigt wird.“

Damit windet sich die Katholische Kirche erneut um eine klare Positionsbestimmung. Ein neues Mindset mit einer echten Veränderung in den Köpfen sieht wahrlich anders aus.

Auch der US-amerikanische LGBT-Seelsorger und Teilnehmer der Synode James Martin kritisierte dieses Vorgehen. Gegenüber The Tablet sagte er, es sei eine Enttäuschung für queere Katholiken, „dass sie in der endgültigen Zusammenfassung nicht einmal erwähnt werden“. Auch spiegele der Abschlusstext die intensiven Gespräche, die sowohl bei Tisch als auch in den Plenarsitzungen zum Thema LGBTIQ* geführt wurden, in keinster Weise wider.

Quelle: twitter.com/ctrlamb

*AFP/sah

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