Brief der iberoamerikanischen LGBTIQ*-Community an Papst Franziskus

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Foto: Patrick T. Fallon / AFP

Foto: M. Rädel

Die iberoamerikanisch LGBTIQ*-Community wendet sich mit einem offenen Brief an „Seine Heiligkeit Papst Franziskus“. Für viele der erste pro-queere Papst in über 2000 Jahren.

„Du bist Petrus, auf diesem Felsen will ich meine Kirche bauen“ soll Jesus einst gesagt haben. Petrus wurde zum ersten Bischof von Rom und, so die katholische Kirche, damit auch der erste Papst. Mit der queeren Community beschäftigt sich der Vatikan erst seit einigen Jahren weniger ablehnend. Im August bekam der Papst nun Post aus der queeren Welt. „Der Brief wird rechtzeitig zur Weltsynode veröffentlicht und zeigt, dass die Anliegen und Forderungen von #OutInChurch von sehr vielen anderen in der Weltkirche engagierten Personen und Gruppen geteilt werden“, so Rainer Teuber, der Pressesprecher von #OutInChurch in einer E-Mail an uns. Hier sind Auszüge aus dem Brief an Papst Franziskus; Übersetzung aus dem Portugiesischen: Regina Reinart und Edith Snijders: 


Lieber Papst Franziskus,

mit tiefster Liebe, Respekt und Bewunderung wenden wir, die katholischen LGBTIQ+ Menschen und -Gemeinschaften, die Teil des Globalen Netzwerkes der Regenbogenkatholikinnen und -katholiken (GNRC: Global Network of Rainbow Catholics) in der iberoamerikanischen Region sind, uns an Eure Heiligkeit. {…} Wir wissen von Ihren Begegnungen mit diversen Menschen und deren Unterstützer*innen, wie dem Pater James Martin S.J. und dem Verein „Jonathan ́s Tent“ („Jonathans Zelt“). Wir sehen diese Treffen als hoffnungsvolle Räume des Dialogs, die das Reich Gottes aufbauen. Wir kennen auch den Prozess des Zuhörens, der für die Synode zur Synodalität durchgeführt wird, an dem wir in den verschiedenen Phasen teilgenommen haben. Wir wissen, dass die Kirche sich mit Fragen unserer seelsorgerischen Betreuung befasst, wie aus dem Instrumentum laboris, dem Arbeitsdokument für die XVI. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode, hervorgeht.

Inspiriert von diesen Schritten der Annäherung und von der dringenden Notwendigkeit der Reflexion und des Dialogs über unsere Realität, möchten wir Eurer Heiligkeit mitteilen, dass es in der iberoamerikanischen Region 60 Gemeinschaften von katholischen LGBTIQ+ Menschen gibt. Seit 2015 sind wir in einem beständigen und funktionierenden Netzwerk organisiert, das in fünf Kontinenten präsent ist erstreckt und das uns ermöglicht, uns gegenseitig zu begleiten und das Gefühl der Universalität, das der kirchlichen Gemeinschaft eigen ist, zu bewahren. Unsere Communities bestehen aus lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen, nicht-binären und anderen diversen Menschen sowie aus heterosexuellen Unterstützer*innen und Eltern von LGBTIQ+-Personen, die ihren Glauben nach dem Ideal der ersten christlichen Gemeinden leben wollen und deren Präsenz und Gaben die Ortskirchen bereichern. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass es in vielen offiziellen Räumen der katholischen Kirche in Lateinamerika, der Karibik und der Iberischen Halbinsel ausgrenzende Diskurse und Maßnahmen gegenüber unserer LGBTIQ+-Bevölkerung gibt. Viele zu dieser Bevölkerungsgruppe gehörenden Menschen leiden im Stillen unter der Verachtung ihrer Familien und Bezugsgruppen, andere sehen sich zur Migration gezwungen und vielen anderen werden die bürgerlichen und politischen Rechte sowie ihr Recht auf Bildung, Arbeit, Gesundheit, Wohnung und Familie verweigert; diese Ausgrenzung und Diskriminierung haben ihr Fundament vor allem in einer traditionellen, konservativen, fundamentalistischen und moralisierenden Haltung, die durch den Diskurs der Verantwortlichen in unseren kirchlichen Kontexten gefördert wird. Die LGBTIQ+ Menschen sind darauf angewiesen, dass die Kirche ihnen zuhört, umso mehr, wenn sie nicht schreien können. www.outinchurch.de

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