Harte Vorwürfe: Wie rassistisch ist die schwule Pornoindustrie?

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Der ehemalige Pornostar Race Cooper berichtet von strukturellem Rassismus in der schwulen Pornowelt – und verdeutlicht, warum er Bezeichnungen wie „BBC“ hasst und es satt hat, dass schwarze Männer auf ein Körperteil reduziert, statt als Menschen mit Persönlichkeit und Seele wahrgenommen zu werden. 

Die Ermordung des Afroamerikaners George Floyd durch weiße Polizisten und die andauernden Proteste warfen ein helles Licht auf den systemischen Rassismus in unserer Gesellschaft und führten zu einer beispiellosen Jagd auf rassistische Strukturen in jedem Bereich unseres Lebens. Auch die schwule Dating-App Grindr eliminierte in der Folge endlich den schon lange Zeit als rassistisch kritisierten Ethnienfilter (wir berichteten). Die Porno-Industrie scheint von dem gesellschaftlichen Umbruch zum Glück ebenfalls nicht verschont zu bleiben.


Weniger Geld, weniger Lob, weniger Anerkennung

Race Cooper begann seine Pornokarriere 2009 als Casting-Direktor beim Pornogiganten Raging Stallion, später stand er auch vor der Kamera. Davor hatte er bereits jahrelang für die Film- und Fernsehindustrie gearbeitet. Strukturen, die beim Fernsehen als rassistisch galten – in der Pornowelt waren sie alltäglich, so Cooper.

Der Ex-Pornostar prangert Rassismus als tägliche Konstante in dem Business an – ständig seien sowohl seine Arbeitsethik als auch seine Intelligenz in Frage gestellt worden. Außerdem wurden die Darsteller gebeten, Rassenkategorien aufzuschreiben, mit denen sie nicht gerne beim Dreh zusammenarbeiten würden. Und: Die Charaktere schwarzer Männer in Pornos seien oft stereotype „Schläger“-Rollen, was Cooper als beleidigende und rassistische Vorurteile brandmarkt. 

Außerdem ein großer Vorwurf des ehemaligen Pornodarstellers: Die Gehaltsunterschiede. Immer habe er weniger verdient als die weißen Darsteller. Der Afroamerikaner erzählt, dass sogar ein Weißer, der noch nie zuvor eine Pornoszene gedreht hatte, von Anfang an 200 Dollar mehr bekam als der erfahrenere Cooper. Die Botschaft dahinter ist für Cooper eindeutig: „Schwarze Menschen sind weniger wert“.

Auch habe er viel seltener Lob, Anerkennung und Bestätigung erhalten als seine Kollegen. Heute glaubt Cooper: Er war nur der „Quotenschwarze“, der dem Studio Vielfalt bescheinigen sollte. Als das Studio schließlich mit Falcon Studios fusionierte, wurde nur ein Mitarbeiter entlassen: Cooper, der einzige schwarze Angestellte. 


Der Rassismus hinter „Big Black Cocks

Race Cooper hält jedoch nicht nur der Produktionsfirma den Spiegel vor, sondern auch allen Pornofans. Er spricht von einer Fetischisierung von Schwarzen in der schwulen Pornoindustrie – das sei ein langanhaltendes und sehr erniedrigendes Problem. Was bedeutet das genau? Der Ex-Darsteller erklärt den feinen Unterschied zu anderen Fetischen:

Fetische wie Fisting oder das Nutzen einer Sexschaukel haben nichts mit Rasse oder Hautfarbe zu tun. Jeder kann daran teilhaben. Aber wenn dein Fetisch irgendein austauschbarer 'Schwarzer Kerl' ist, nimmst du die menschliche Komponente heraus und behandelst sie einfach als Objekte aufgrund ihrer Hautfarbe.

Wenn man eine Ethnie oder Menschen aufgrund eines Merkmals zum Fetischobjekt macht, wird der Mensch genau das: Ein Objekt. Man entmenschliche diese Person zu einer Sache, sagt Cooper. Und schwarze Männer in der Pornoindustrie würden oft sowieso auf nichts anderes als einen bestimmten Körperteil reduziert. Hand aufs Herz: Wem ist bewusst gewesen, wie diskriminierend die Bezeichnung „Big Black Cocks“ eigentlich ist? 

„Ein Mensch mit einer Seele wird auf einen schwarzen Dildo reduziert, wie die, die man kauft und besitzt – und man versteckt ihn unter seinem Bett, bis man geil und einsam ist“.

Cooper verdeutlicht: Dadurch bleibe bei Schwarzen der Eindruck zurück, sie hätten nur Wert in der sexuellen Befriedigung, die sie den Weißen bieten können. 


Falcon-CEO verspricht Fortschritte

Race Cooper wünscht sich für die Zukunft, dass schwule Pornostudios die Beziehungen zu „rassistischen“ Stars abbrechen. Dies haben viele Studios trotz großer Diversity-Versprechen im Zuge der Black Lives Matter-Bewegung nicht getan. Die Studios sollten außerdem klar zugeben, dass weiße Männer – manchmal sogar Heteros – schwulen Schwarzen vorgezogen würden. Diversity-Castingdirektoren könnten hier helfen und das Problem aktiv angehen und in der Folge beenden.

„Als eine schwule Gemeinschaft, die wirklich antirassistisch sein und alle unsere Brüder, Schwestern und Cousins unterstützen will, müssen wir jedoch aufräumen. Black Lives Matter konzentriert sich zwar auf die Brutalität der Polizei, aber es muss auch angesprochen werden, wie wir andere sexuell sehen und behandeln und wie wir mit ihnen umgehen“.

Tim Valentini, der neue CEO von Coopers ehemaligem Studio, machte in einem Statement gegenüber dem queeren Nachrichtenportal Pink News deutlich, er sei dankbar über Coopers Ehrlichkeit. All dies sei jedoch vor seiner Zeit bei Falcon/Naked Sword passiert – unter ihm habe es nie Fragen nach Rassenpräferenzen der Models gegeben und sie hätten längst Maßnahmen ergriffen, den Model-Pool vielfältiger zu gestalten.

Valentini gibt jedoch zu, dass sowohl Falcon als auch die gesamte Industrie noch einen langen Weg vor sich habe. Sein Studio wolle ein Teil davon sein, den Rassismus in schwulen Pornos zu beenden. Er verspricht:

„Wir können zwar die Vergangenheit nicht ändern, aber wir erkennen sie an und setzen uns für eine bessere Zukunft ein. Mein Team und ich sind hier und hören zu, und wir geloben, aktiv zu werden und weiter auf die Gleichberechtigung in unserer Branche und in der Welt hinzuarbeiten“.

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