Berlin: Solidarität mit den mutigen Frauen im Iran

Frauenrechtler*innen und Queers gingen am Wochenende gemeinsam auf die Straßen der Bundeshauptstadt, um ihre Solidarität mit der immer größer werdenden feministischen Revolution im Iran zu zeigen.

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Es war die bislang größte Solidaritätsbekundung zu den Freiheitskämpfen im Iran. Das Kollektiv  „Women*, Life, Freedom“, eine intersektional-inklusive Gruppe von Feminist*innen, unabhängigen Bürger*innen, Künstler*innen und Aktivist*innen, hatte den Protest angemeldet und mit circa 50.000 Menschen gerechnet. Um 15 Uhr versammelten sich dann circa 80.000 Menschen an der Siegessäule, um den feministischen Kampf im Iran zu unterstützen, der dort seit circa einem Monat anhält. 

LGBTIQ* Unterstützung

Auch queere Aktivist*innen und LGBTIQ* Gruppierungen sind Teil der Proteste und sprachen bei der Kundgebung. Zwischen tausenden iranischen Flaggen wurden auch queere Flaggen geschwenkt und auf Schildern wurde auf die Lage von LGBTIQ* im Iran aufmerksam gemacht. So sagte Naana Lorbeer von Queeramnesty Berlin, dass es wichtig sei, „dass die Frauen im Iran sehen, dass wir ihre Forderungen unterstützen“. 

Erst vor wenigen Wochen gab es einen Aufschrei, nachdem erstmals zwei queere Aktivistinnen zu Tode verurteilt wurden (männer* berichtet). Zahra Sedighi Hamedani (31) und Elham Chobdar (24) sind zwar offiziell wegen Menschenhandels beschuldigt, jedoch sind sich Menschenrechtsgruppen einig, dass der eigentliche Grund der Verurteilung ein anderer ist. Ihnen zu folge seien Zarah und Elham wegen der „Verbreitung der Korruption auf Erden“, der Verbreitung von Homosexualität und Christentum, und der Kommunikation mit Medien, die der Islamischen Republik feindlich gegenüberstehen, verurteilt worden. 

Ein Opfer zuviel?

Ausgelöst wurden die Proteste durch den Tod von Jîna Mahsa Amini. Die 22-jährige Kurdin starb am 16. September in Teheran unter ungeklärten Umständen: Jîna wurde von der iranischen Sittenpolizei mit dem Grund verhaftet, dass sie ihr Kopftuch nicht korrekt getragen habe. Im Iran gilt ein Hijabgebot, dessen Missachtung geahndet werden kann. Wenige Tage später starb die junge Frau unerwartet in Haft. Offiziellen Angaben nach, sei ein Herzleiden Todesursache. Als viel wahrscheinlicher ist aber, dass Jina an den Folgen schwerer Misshandlungen bei ihrer Verhaftung und im Gefängnis gestorben ist. Sie ist beileibe kein Einzelfall, aber vielleicht der eine Mord, der die Wut der Menschen im Iran überkochen lässt. 

Ihr Tod löste im ganzen Land Proteste gegen die staatliche Unterdrückung durch das pseudoreligiöse Regime in der selbsternannten „islamischen Republik" aus. Als Zeichen des Protests und der Solidarität schnitten sich viele Iraner*innen und Unterstützer*innen weltweit die Haare ab und stellten Videos davon ins Internet. Viele sprechen von den Kämpfen bereits als Revolution und als die wichtigste globale feministische Bewegung dieser Zeit. Es ist allerdings für ausländische Beobachter*innen äußerst schwer, an direkte Informationen zu den Aufständen zu kommen. Das Regime der Mullahs behindert einerseits die Kommunikation über das Internet und verfolgt andererseits jede*n, der/die gegen sie agitiert oder auch nur in den Verdacht kommt dies tun zu wollen. Dennoch sind sich viele Iranfachleute einig, dass diese Protestwelle sich von den bisherigen – immer blutig niedergeschlagenen – unterscheidet. Laut aktuellen Schätzungen sind bei den Demonstrationen bislang rund 240 Teilnehmende getötet worden, tausende sind verhaftet worden. Dennoch wachsen die Proteste immer noch und sogar Schüler*innen verbrennen Propaganda-Darstellungen in Klassenzimmern. 

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