Fall Latzel: Freispruch aufgehoben!

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Foto: Mathias Rätz

Das Oberlandesgericht Bremen hat den Freispruch eines Pastors nach Vorwürfen der Volksverhetzung aufgehoben. Das Landgericht Bremen soll nun erneut über den Fall entscheiden, wie ein Sprecher des Oberlandesgerichts mitteilte. Das Landgericht hatte den 54-Jährigen im Mai 2022 freigesprochen, nachdem er vom Amtsgericht zuvor zu einer Geldstrafe verurteilt worden war.

Dem evangelischen Pastor wird vorgeworfen, während einer Rede im Jahr 2019 mutmaßlich volksverhetzende Äußerungen über Homosexuelle getätigt zu haben. Der Geistliche einer sich selbst als „bibeltreu“ bezeichnenden Gemeinde wurde dafür 2021 vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 8100 Euro verurteilt. Dagegen ging er vor dem Landgericht in Berufung. Das Landgericht kassierte das Urteil und sprach den Mann frei.

Grundgesetz musste als Begründung für Freispruch herhalten

Nach damaligen Angaben sahen sich die Richter in ihrem Urteil unter anderem an Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts gebunden, wonach bei der Bewertung derartiger Sachverhalte die für den Beschuldigten günstigste Interpretationsmöglichkeit heranzuziehen sei.

Foto: C. Knuth

Die Redaktion von männer* hatte diese Rechtsauffassung in einem Kommentar genauer erklärt und dabei auch auf die tatsächliche Lücke in der Gleichstellung der Grundrechte verwiesen. Artikel 3. Auch wenn er beim Revisonsspruch direkt keine Rolle spielte, ist er doch schon durch das vorangegangene Skandalurteil eine spürbarere Schwachstelle. Diskriminierung geschützt durch ein Grundrecht? Hetze unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit? Eine alte Debatte ist durch den Fall Latzel wieder aufgeflammt. 

Der Freispruch und die Zulassung eines theologischen Gutachtens der Verteidigung bei Nichtzulassung eines Gegengutachtens der Staatsanwaltschaft hatten übrigens sogar den Arbeitgeber des Pfarrers, die evangelische Kirche verärgert. Die Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche mit Sitz im niedersächsischen Leer, Susanne Bei der Wieden, verurteilte Latzels Äußerungen und griff das Gericht scharf an: 

 „Der Freispruch von Olaf Latzel ändert nichts daran: Als der Bibel verpflichtete Christin verurteile ich seine homophoben Äußerungen scharf", postete die Kirchenpräsidentin auf Twitter. Weiter schrieb sie: „Das Bremer Urteil gibt einseitig einem platten Biblizismus recht. Biblische Theologie bezeugt aber Gott als den Schöpfer aller Lebensformen.“ 

Revisionsentscheidung gründet auf Versäumnissen des Verfahrens

Foto: Carlo Schrodt/pixelio.de

Das Oberlandesgericht folgte in seiner Entscheidung dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft. Diese hatte die Revision gegen das Urteil damit begründet, dass die Tatsachenfeststellungen, die zum Freispruch des Angeklagten geführt hatten, unvollständig seien. Es müsse der Zusammenhang berücksichtigt werden, in dem die Äußerungen fielen. Das Urteil des Landgerichts beschränke sich hingegen auf „auszugsweise wiedergegebene Äußerungen“ des Pastors. Das Landgericht soll das Strafverfahren durch eine andere Strafkammer deshalb neu aufrollen. *ck/AFP

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