Herr Schäuble, erinnern Sie an sexuelle Minderheiten

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Am 27. Januar wird im Bundestag der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. 84 Unterzeichnende einer Petition rufen das Bundestagspräsidium dazu auf, auch an die homosexuellen Opfer zu erinnern. 

Foto: Slicer/pixelio.de

Petition an das Präsidium des Deutschen Bundestages:

Erinnern an sexuelle Minderheiten am 27. Januar 2019,  dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus

Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident Dr. Schäuble,

sehr geehrte Bundestags-Vizepräsidentinnen und -Vizepräsidenten

Frau Pau, Frau Roth, Herr Dr. Friedrich, Herr Kubicki und Herr Oppermann!

In Kopie:

Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, Herrn Litwinschuh, sowie an die LGBTIQ*-Sprecher_innen der Parteien Herrn Vogt (CDU), Herrn Slapal (CSU), Herrn Kahrs (SPD), Herrn Beck (Die Grünen), Frau Achelwilm (Die Linke)

15. Januar 2018

Seit 1996 gilt der Tag der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 als offizieller Gedenktag in Deutschland. 2005 erklärte die UNO diesen Tag weltweit zum „International Holocaust Remembrance Day“.

Bereits am ersten Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus 1996 sprach der damalige Bundespräsident Roman Herzog sowohl von den jüdischen Opfern der NS-Barbarei als auch von lange öffentlich nicht anerkannten anderen Opfergruppen wie den Sinti und Roma, Behinderten und Homosexuellen:

Weil sie ... vom willkürlich festgelegten Menschenbild abwichen, bezeichnete man sie als ‚Untermenschen‘, ‚Schädlinge‘ oder ‚lebensunwertes Leben‘ – Juden, Sinti und Roma, Schwerstbehinderte, Homosexuelle ... Die Wirkungen dieser Politik waren vor allem deshalb so furchtbar, weil sie sich wohldosiert in das öffentliche Bewußtsein einschlichen, ja ... den Gehirnen infiltriert wurden.“

Es war nicht nur für die Betroffenen von großer Bedeutung, sondern auch für eine breite Öffentlichkeit, dass außer den jüdischen Opfern an diesem Gedenktag im Bundestag erstmals 2011 mit dem Niederländer Zoni Weisz (*1931) auch ein Vertreter der Roma und Sinti zu Wort kam, 2016 an die Leiden der Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter erinnert wurde und 2017 sowohl zwei Angehörige von durch sogenannte „Euthanasie“ Ermordeten als auch der junge, mit Downsyndrom lebende Schauspieler Sebastian Urbanski (*1978) zu hören waren.

Die Unterzeichnenden dieser Petition sind als Fachleute in unterschiedlichen Bereichen des Erinnerns national und international anerkannt und bitten den Bundestagspräsidenten sowie sein Präsidium eindringlich, nach mehr als zwei Jahrzehnten am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus 2019 erstmals auch an homosexuelle Männer (unter ihnen vor allem an die KZ-Häftlinge mit dem rosa Winkel), aber auch an lesbische Frauen und andere aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Orientierung Benachteiligte und Ausgegrenzte im Bundestag zu erinnern.

Einige der 84 Unterzeichner_innen:

Esther Bejarano (Holocaust-Überlebende und Präsidentin des Auschwitz Komitees, Deutschland)

Prof. Dr. Wolfgang Benz (ehem. Direktor des Zentrums für Antisemitismusforschung)

Dr. Birgit Bosold (Schwules Museum* Berlin)

Manfred Bruns (ehem. Bundesanwalt)

Stephan Cooper / Naana Lorbeer (Queeramnesty)

Dr. Jens Dobler (Historiker)

Ralf Dose (Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft)

Günter Dworek (Bundesvorstand LSVD)

Albert Eckert (Mitinitiator des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen)

Jan Feddersen (Journalist, Initiative Queer Nations e. V.)

Dr. Benno Gammerl (DAAD-Fachlektor für Queer History, London)

Dr. Detlef Garbe (Direktor der KZ-Gedenkstätte Neuengamme)

Dr. Günter Grau (Historiker)

Dr. Anna Hájková (Historikerin, University of Warwick)

Prof. Dr. Sabine Hark (Direktorin des Zentrums für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung)

Rainer Hoffschildt (Historiker)

Klaus Jetz (Hirschfeld-Eddy-Stiftung)

Albert Knoll (Archivar der Gedenkstätte Dachau)

Prof. Dr. Rüdiger Lautmann (Soziologe)

Dr. Joanna Ostrowska (Historikerin, Warschau)

Dr. Dagmar Pruin (Aktion Sühnezeichen / Friedensdienste)

Dr. Thomas Rahe (Stellv. Leiter der Gedenkstätte Bergen-Belsen)

Babette Reicherdt (Historiker_in, Initiative Queer Nations e. V.)

Dr. Claudia Schoppmann (Historikerin)

Prof. Dr. Stefanie Schüler-Springorum (Direktorin des Zentrums für Antisemitismusforschung)

Prof. Dr. Michael Schwartz (Vorsitzender des Fachbeirats der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld)

Patrick Siegele (Anne Frank Zentrum, Berlin)

Ruth Weiss (Holocaust-Überlebende, Schriftstellerin)

Raimund Wolfert (Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft)

(V. i. S. d. P.: Dr. Lutz van Dijk / Dr. Friedhelm Krey)

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