#selflove – Den inneren Tyrannen besiegen!

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Der kreative Multitasker Mario Mendez ist als Beauty Coach aus der RBB Real-Life-TV-Serie „Ganz Schön Berlin“ bekannt. Gebürtig aus Teneriffa, studierte und arbeitete er zunächst in London und ließ sich schließlich in Berlin nieder, wo er eine Karriere als freiberuflicher Visagist begann.

Wie viele seiner Kolleg*innen ist auch er von der Corona-Pandemie nicht nur beruflich schwer  betroffen. Wir sprachen mit ihm über toxische Positivität, toxischen Perfektionismus und darüber, was #selflove wirklich bedeutet.

„Wir sind organische Wesen, wir sind nicht perfekt. Wir machen Fehler. Und das ist in Ordnung."

Wie haben sich die Lockdowns nicht nur beruflich, sondern auch privat auf dich ausgewirkt?

Vor Corona ging es mir wirklich gut und ich war erfolgreich in einem Beruf, den ich liebe. Bezahlt zu werden, für eine Tätigkeit, die ich liebe, machte mich wirklich glücklich. Ich erinnere mich noch, wie ich nach einer sehr arbeitsreichen Zeit Urlaub auf Teneriffa gemacht habe und dann die ersten Nachrichten über die Pandemie auftauchten.

Als ich nach Berlin zurückkam, fing alles an zusammenzubrechen, und ich konnte es einfach nicht glauben. Mir wurde klar, dass ich kein wirkliches Sicherheitsnetz hatte und geriet in Panik. Es ist nicht so, dass mir die Erfahrung von Versagen völlig fremd war, aber diesmal war es anders. Weil ich ja nicht wirklich versagt habe. Die Welt ist einfach zum Stillstand gekommen.

Was geschah dann?

Ich habe Angst bekommen. Nie hätte ich gedacht, dass mir so etwas passieren könnte. Normalerweise bin ich die Person, die anderen hilft, wenn sie sich niedergeschlagen fühlen und Aufmunterung brauchen. Ich war schon immer ein Zuhörer, hart im Nehmen, und konnte gut nach vorne schauen. Aber ich geriet in eine Spirale aus Depressionen und Angstzuständen. 

Die Situation stellte sich als tödlicher Cocktail von Problemen heraus, mit denen ich nicht auf einmal fertig werden konnte.

Plötzlich konnte ich von einem Tag auf den anderen nicht aufhören zu schlafen. Ich lag buchstäblich nur im Bett und schlief. Sobald ich mir sagte, dass ich doch wenigstens irgendetwas tun sollte, wurde ich wieder müde und schlief ein. Das ging ungefähr einen Monat lang so.

Was hast du unternommen, um dagegen anzugehen?

Es war so beängstigend, dass ich beschloss, meinen Arzt aufzusuchen. Nach einer vollständigen Untersuchung verschrieb er mir schließlich Antidepressiva. So etwas hätte ich auch nie für möglich gehalten. Glücklicherweise half mir das Medikament, das Anfangsstadium der Hilflosigkeit zu überwinden und aus diesem Loch des absoluten Chaos herauszukommen.

Ich nehme immer noch die Medikamente und fühle mich sicherer, weil ich weiß, dass ich dann nicht mehr so untergehen werde. Und ich habe verstanden, dass es in Ordnung ist, weil so etwas jedem passieren kann.

Welche anderen Strategien hast du entdeckt, um deine geistige Gesundheit zu erhalten?

Man muss natürlich seine Hausaufgaben machen. Ich gab mir einfache Aufgaben, wie etwa viel Wasser zu trinken oder das Haus zu verlassen. Langsam merkte ich dann, dass ich tatsächlich wieder zurechtkam, und dass ich es irgendwie schaffen werde. Ich habe ja auch meine kreative Arbeit, die sehr erfüllend ist. Ich fing wieder an, zu malen und Skulpturen zu modellieren, und fand darin große Freude. Natürlich verfügen nicht alle Menschen über diese Fähigkeiten oder Ressourcen oder haben so viel Spaß daran.

Wichtig ist, dass man den eigenen Weg findet. Man muss zu sich selbst finden und zu dem, was einen glücklich macht, verpflichten.

Für sich selbst sorgen und herausfinden, wofür man Leidenschaft empfinden kann.

Wieso ist Selbstpflege so tief mit Selbstliebe verbunden und warum ist es wichtig, darauf zu achten?

Man kann leicht in der Angst stecken bleiben, besonders wenn man außen nach Antworten sucht. Man sagt sich, dass man aufgrund des einen oder anderen äußeren Umstands ängstlich ist. Manchmal ist das natürlich so. Aber man muss auch hineinschauen. Wenn dein Körper dir so deutlich sagt, dass du etwas ändern musst, solltest du auch hinhören. Was versteckst du vor dir selbst? Was ist die wirkliche Krise in dir? Welche Probleme musst du angehen?

Was hast du über dich herausgefunden?

Es waren viele verschiedene Dinge. Ich begann mich zu fragen, wie viel meine Energie mir tatsächlich wert ist. Wie viel Zeit und Emotionen bin ich bereit, in etwas zu investieren? Ich bin jetzt ehrlicher zu mir. Ich predige zwar Selbstpflege und Selbstliebe im Fernsehen, aber ich kämpfe auch mit mir. Früher wurde ich sehr wütend auf mich, etwa wenn ich nicht die ganze Zeit stark sein konnte.

Oder wenn ich meine Schönheitsroutine nicht so anwandte, wie ich es anderen Leuten empfehle. Ich habe mittlerweile aufgehört, mich selbst mit diesem zwanghaften Verhalten zu belästigen.

Man kann sagen, dass ich meinen inneren Tyrannen erkannt habe. Und der will immer, dass ich perfekt bin.

Ich habe ihm nun seine Macht genommen und lasse mich nicht mehr so von ihm beeinflussen. Stattdessen sage ich nette Dinge zu mir selbst. Somit nehme ich endlich meinen eigenen Rat an, mich so zu lieben, wie ich bin.

Den Druck rauszunehmen und sich selbst quasi zu sagen „Ich bin genug“, klingt nach einem wirklich guten Rat …

Besonders im Zeitalter von Instagram! Wenn man all diese Hashtags und Zitate über #selfcare und #selflove sieht, passiert es schnell, dass man meint, nach diesen psychologischen Idealen leben zu müssen. Aber die sind möglicherweise gar nicht richtig für einen selbst. Du musst herausfinden, was für dich am besten funktioniert.

Wir erleben jeden Tag toxische Positivität und toxischen Perfektionismus. Diese Dinge leiten sich jedoch aus rassistischen, homophoben und sexistischen Ideen ab.

Analysiere dich nicht, indem du dich nur mit anderen vergleichst. Versuche präsent zu sein und auf dich selbst zu hören. Wir sind organische Wesen, wir sind nicht perfekt. Wir machen Fehler. Und das ist in Ordnung.


www.mariomendez.net

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