#Hintergrund • Nach 40 Jahren keine Impfung gegen HIV

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Binnen weniger Monate hat die Wissenschaft mehrere Impfstoffe gegen das neue Coronavirus entwickelt. An einer Spritze gegen HIV arbeiten Mediziner seit Jahrzehnten – ohne durchschlagenden Erfolg. Warum?

Seit der Entdeckung der Immunschwächekrankheit Anfang der 1980er Jahre wurden enorme Fortschritte bei der Behandlung erzielt, doch immer noch sterben jedes Jahr hunderttausende Menschen daran, 2020 waren es 680.000. Der Welt-Aids-Tag am Mittwoch erinnerte daran, dass auch diese Pandemie noch nicht besiegt ist. Die HI-Viren sind besonders komplex und deshalb schwer zu neutralisieren. 

„Sie infizieren Zellen des Immunsystems“,

in deren DNA sie ihr genetisches Material integrieren, sagt Olivier Schwartz vom Institut Pasteur in Paris. Während die meisten Menschen nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 von alleine genesen und danach erst einmal immun sind, ist das bei HIV nicht der Fall. Zudem mutiere das HI-Virus viel leichter als das Coronavirus, sagt Schwartz. Deshalb sei es „schwieriger, Antikörper mit einem breiten Spektrum zu erzeugen, die die Infektion blockieren könnten“.

Impfstudie abgebrochen – neuer Anlauf mit mRNA

Vor Kurzem wurde im südlichen Afrika ein Impfstoff getestet, der gegen mehrere HIV-Varianten schützen sollte. Doch der Versuch wurde abgebrochen, da die Impfung nur unzureichend schützte. Für die Entwicklung der Corona-Impfstoffe wurden riesige Summen bereitgestellt. Der Aids-Forschung stünden diese Mittel nicht zur Verfügung, bedauert Nicolas Manel vom französischen Gesundheits-Forschungszentrum Iserm. 38 Millionen Menschen leben derzeit mit HIV. Eine Impfung ist die einzige Möglichkeit, das Virus auszurotten. Mehrere Dutzend HIV-Impfstoffe werden derzeit erprobt. Das Biotechnologieunternehmen Moderna brachte im Sommer eine mRNA-Impfung gegen HIV heraus, die auf derselben Technologie basiert wie die erfolgreichen Corona-Vakzine.

„Die Verwendung dieser Technologie eröffnet neue Möglichkeiten und die machen Hoffnung bei Viren wie HIV“,

sagt Gilles Pialoux, Aids-Spezialist und Leiter der Abteilung für Infektions- und Tropenkrankheiten am Krankenhaus Tenon in Paris.

Mit endgültigen Ergebnissen wird jedoch erst in einigen Jahren gerechnet. Die Corona-Pandemie hat den Kampf gegen Aids einerseits erschwert, die Behandlung HIV-Infizierter litt darunter.

„Andererseits wurde noch nie so viel über Gesundheit, Infektionskrankheiten und die kollektiven Anstrengungen gesprochen, die notwendig sind, um eine globale Pandemie zu bekämpfen“,

sagt Serawit Bruck-Landais von der französischen Anti-Aids-Kampagne Sidaction. Davon könnte auch der Kampf gegen HIV profitieren.*Isabelle Tourné / AFP / ck

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