Marko Martin cruist durch die Welt

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Umsteigen in Babylon“ heißt die neue Textsammlung des Weltenbummlers Martin, die den Leser auf charmant-explizite wie sprachlich ausgefeilte Weise mitnimmt. Mitnimmt auf Entdeckungsreise verschiedenster schwuler Lebensentwürfe. Mal geprägt durch politische Verhältnisse, mal durch andere äußere und innere Einflüsse auf die Protagonisten. Wir erreichten den Autor in Hanoi.

BABYLON IST EIN SYNONYM FÜR SÜNDE. WARUM DIESES WORT IM BUCHTITEL?

Es geht zuerst einmal um Orte. Babylon ist ein Nest auf Long Island, dass ich vor ein paar Jahren einen dortigen Zugschaffner auf eben diese Weise hatte ankündigen hören: „Change the train in Babylon.“ Das gefiel mir enorm, ist dies doch – neben einer Art Hommage auf Christoph Meckels wohl schönsten Prosaband – gleichzeitig auch eine Metapher: Nicht für „Sünde“, sondern für Vielfalt, für das Vermischte und Heterogene, für einen lebensweltlichen Synkretismus, bei dem nicht nur Körper, sondern auch Sprachen, Länder, Mentalitäten aufeinandertreffen. Vor allem aber Geschichten, die nicht nur einem Milieu, nicht nur einer „Szene“ zuzuordnen sind.

WIE AUTOBIOGRAFISCH SIND DIE ERLEBNISSE IN DEM BUCH?

Alles in diesem Erzählband ist  autobiografisch – „erfinden“ kann ich immer noch während jener ganz gewiss irgendwann kommenden Jahre, in denen mir die Begegnungen nicht mehr so en passant zufliegen wie jetzt. (lacht) Literarisch sind die Form und die Sprache, der Inhalt dagegen nicht-fiktiv.

DU BZW. DIE HAUPTFIGUR DANIEL WIRD VON KRITIKERN ALS „FLANEUR DES 21. JAHRHUNDERTS“ BEZEICHNET. TRIFFT DIE BEZEICHNUNG? 

Ich würde mich freuen, träfe sie zu! In der Realität ist es wohl eher so, dass ich bzw. mein Alter Ego zu jener vermutlich aussterbenden Spezies gehören, die noch aus dem Haus geht, ohne ein Smartphone ängstlich in der Hand zu krampfen – wie ein Pfarrer sein Brevier oder Betschwestern ihre Traktate. Mutwille, Abenteuerlust, eine durchaus fröhliche Verachtung digital sozialisierter, amorph-verklemmter Nerds und Hipster – das ist ja ganz offensichtlich nicht „21. Jahrhundert“, sondern zieht seine Kraftquellen aus vergangenen Zeiten, die weniger spießig, vorsichtig und organisations-obsessiv waren als unsere Gegenwart, die ich manchmal als durchaus ungut puritanisch empfinde.

GIBT ES EINE GESCHICHTE, DIE DU DEN BESUCHERN DER LESUNG IM VORFELD BESONDERS ANS HERZ LEGEN MÖCHTEST?

Das sollte ein Autor nie tun! (lacht) Wenn sich die Freude am Geschichten-Erleben und an der Sprache des anschließenden Geschichten-Erzählens vom Verfasser auf das Publikum überträgt, ist eigentlich schon alles gut ...

Marko Martin liest aus „Umsteigen in Babylon“

2.11., Hotel Wedina (Frühstücksraum), Hamburg, Gurlittstraße 23, 20 Uhr

11.11. Der Literarische Salon in der Z-BAR, Berlin, Bergstr. 2, 20.30 Uhr

www.maennerschwarm.de

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