Ava Max im Interview

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Foto: L. Dunn

Das Auffälligste an Ava Max ist zumindest auf den ersten Blick ihre Frisur. Auf der rechten Seite trägt sie einen Bob, auf der linken Seite sind ihre blonden Haare lang. Dieser Look, sagt sie, sei eher zufällig entstanden: „Ich habe stets viel experimentiert und schließlich diesen Haarschnitt behalten, denn er unterstreicht meine Persönlichkeit.“ Die 25-Jährige, die als Tochter albanischer Eltern in Milwaukee geboren wurde, hatte nämlich immer das Gefühl, irgendwie anders zu sein: „Schon als Kind war ich eine Außenseiterin. Ich wurde in der Schule gemobbt.“

Los ging der ganze Ärger in der siebten Klasse. Da gab es eine Mitschülerin, die richtig fies zu der Sängerin war: „Sie verbreitete im Netz böse Sachen über mich und drohte sogar, mich umbringen zu wollen.“ Als sich Ava Max zu wehren begann, wurden sowohl sie als auch ihre Widersacherin vom Unterricht suspendiert. Sie wechselte auf eine christliche Privatschule, wo es nicht unbedingt besser lief: „Dort bekam ich Ärger, weil ich Mariah Careys Musik mochte. Das duldeten die Lehrer nicht. Ich sollte nur Lieder über Gott singen.“ Also wurde Ava Max fortan zu Hause unterrichtet: „Diese Entscheidung war Gold wert. Danach ging es mir endlich besser.“

Dennoch waren diese negativen Erfahrungen prägend. Sie lieferten den Stoff für das Lied „So am I“, mit dem Ava Max ihre Fans dazu auffordert, zu sich selbst zu stehen: „Wir sind alle einzigartig. Darum bringt es überhaupt nichts, sich dauernd in den sozialen Medien oder sonst wo mit seinen Mitmenschen zu vergleichen.“ Für die Künstlerin heißt das Zauberwort Toleranz: „Jeder muss sich frei entfalten dürfen – sei es in der LGBTQ*-Community oder mit extravaganter Kleidung. Meiner Ansicht nach steht es keinem zu, sich über andere zu erheben.“

Solche Botschaften verpackt Ava Max nicht etwa in düstere Klänge, sondern in eingängigen Dance-Pop. Seitdem sie mit „Sweet but Psycho“ einen Nummer-eins-Hit hatte, wird sie mit Lady Gaga verglichen. Das bringt sie beim Interview im Hamburger Büro ihrer Plattenfirma nicht etwa dazu, mit den Augen zu rollen – im Gegenteil: „Für mich ist so ein Kompliment schmeichelhaft.“ Natürlich hätte sie nichts dagegen, ebenso erfolgreich wie die Pop-Diva zu werden. Ehrgeiz entwickelte sie bereits früh. Sie nahm an Talentwettbewerben teil, bei MySpace veröffentlichte sie eigene Lieder plus Coversongs. Als sie 14 war, verkauften ihre Eltern ihr Haus in Virginia und zogen ihrer Tochter zuliebe nach Los Angeles, damit sie im Musikgeschäft Fuß fassen konnte: „Meine Familie hat mich sehr unterstützt – ohne Zwang.“

Das soll sich auf jeden Fall bezahlt machen. Ava Max arbeitet unermüdlich – wie sie es von ihrer Mutter und ihrem Vater lernte, die teilweise drei Jobs parallel hatten. In Mailand drehte die Musikerin das Video für ihre Single „Torn“. Nicht ohne Grund sieht man sie als Superheldin: „Ich gebe eine Frau, die ihre Stärke zurückgewinnt, nachdem sie von ihrem Mann betrogen wurde.“ Mit solchen Clips setzt sich Ava Max für die Emanzipation ein: „Es liegt mir sehr am Herzen zu zeigen, wie Frauen wirklich ticken. Sie sind keineswegs das schwache Geschlecht.“ Da passt es durchaus ins Bild, dass Ava Max ein Fan von Wonder Woman ist. Diese Comicfigur kann seit jeher gut kämpfen und ihre Opfer dazu bringen, die Wahrheit zu sagen. Wünscht sich Ava Max ebenfalls diese Fähigkeiten? „Ich hätte lieber Wunderheilkräfte, um alle Leute von ihren mentalen oder körperlichen Schmerzen befreien zu können.“ *Dagmar Leischow


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