#INTERVIEW: Silbermond

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Foto: J. Koch

Das neue Album „Schritte“ wird sie in ihr zwanzigjähriges Jubiläum begleiten. Silbermond umarmen darauf die Veränderungen, die das Leben mit sich bringt.

Es gab Verluste und es gab Nachwuchs bei euch … Spätestens an diesen Punkten wird man erwachsen.

Thomas: Du hast recht, bestenfalls wächst man daran. Ich „durfte“ mittlerweile den Tod und die Geburt eines Menschen begleiten. Ich empfinde das heute als Bereicherung. So schwer das eine auch war. Ob ich deswegen jetzt erwachsen bin, kann ich nicht sagen. Manchmal muss ich es sein und manchmal bin ich es sogar gern, ein andermal fühl ich mich wieder wie ein Kind, das ins Bällebad hüpfen will. Ich habe jetzt einen Sohn, da ist man täglich beides: Junge und Mann.

Was seht ihr, wenn ihr eure bisherigen Schritte betrachtet?

Nowi: In erster Linie schauen wir nach vorn. Im Moment sehe ich vier Freunde und ich sehe eine Band. Wir sind am Leben. Wir sind kreativ. Das ist wohl die größte Herausforderung. Wir haben so viel Schwein gehabt, ein paar Fettnäpfchen mitgenommen, aber die Mucke als Freund nie verloren. Das geht schnell im Pop-Business.

Stefanie: Ja, da müsste man eigentlich jeden Tag ’nen Sekt drauf trinken! Was wir haben, ist nicht selbstverständlich, und das wissen wir. Also, auf die Zukunft. Prost.

Foto: J. Koch

Es gibt nun ein Lied, dass ihr nach euch benannt habt – das aber nichts mit euch als Band zu tun hat, sondern inhaltlich fast resignierend klingt ...

Stefanie: Ich empfinde das Lied nicht als resignierend. Es ist die Beschreibung der Realität. Ohne rosa Brille und Konfetti, aber mit dem Glauben an die Chance, das Ruder rumreißen zu können. Ich meine, wir haben die Dinge doch vor Augen: das extreme Wetter, brennende Wälder, schmelzende Pole, all das. Dass der Mensch daran keine Aktie hält, halte ich für eine Fehleinschätzung. Und glaub mir: Meine CO2-Bilanz ist definitiv mies, ich weiß das. Es ist gut, dass das Thema endlich auf dem großen Zettel ist, und doch müssen wir höllisch aufpassen, nicht zu hart zu moralisieren, sondern versuchen, möglichst viele mitzunehmen. Jeder sollte das tun, was er kann.

Ihr habt euch überhaupt viel mit der Welt um euch herum beschäftigt. Wie werdet ihr schlau aus den Entwicklungen der letzten Jahre und dem weltweiten Wiederaufstieg so alter Ideen und Vorstellungen?

Thomas: Also ich hätte auch gedacht, dass wir zwei, drei Themen längst hinter uns hätten. Stichwort: „… grab her by the pussy ...“ und „… wir werden sie jagen …“ Aber offensichtlich ist dem nicht so. Auch den Gedanken, dass mehr Abschottung die großen Herausforderungen unserer Zeit lösen wird, verstehe ich nicht. Was ich aber verstehen kann, ist, dass sich angesichts der Zeichen der Zeit manche Menschen ungehört und überfordert fühlen. Ich kenne das auch von mir. Bei allem, was gut läuft in unserem Land, handelt die Politik da oft unglücklich. Dass das Zukunftsangst schürt, ist klar. Am Ende müssen Demokratie und Miteinander immer die beste Option sein. Daran sollten wir weiter werkeln.

Ihr habt dieses Mal in Frankreich aufgenommen? Warum in die Ferne, wenn doch zu Hause so viele Studios nur auf euch gewartet hätten?

Nowi: Na, wir wollten geilen Wein trinken. Provence-Style. Außerdem hatten wir da kaum einem Balken auf dem Display. Also war es auch gleichzeitig eine Digital-Detox-Kur. Keine Mails, keine Hashtags. Auch mal gut.

Stefanie: Ja stimmt, aber: Wir wollten auch einen „modernen Oldschool-Sound“. Dafür brauchten wir entsprechende Räume. In Frankreich hatten wir die. Eine Bibliothek, eine Scheune und eine alte Mühle. All das hörst du auf „Schritte“.

*Interview: Christian K.L. Fischer

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