Pop mit anderen Mitteln: Imany

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Foto: E. Recuenco

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Natürlich ist es gewagt, wenn man seinen großen Erfolg mit einem Dance-Remix hatte – dem Hit „Donʼt Be So Shy“ von 2015, der es mittlerweile auf über eine Milliarde Aufrufe bringt – und sich nun auf das Cello als Basis für neue Lieder beschränkt.

Gleichzeitig sagt es viel darüber aus, mit welchem Selbstbewusstsein Imany ihren Weg geht. Weil es für sie ganz normal zu sein scheint, Widerstände als Herausforderung anzusehen und sich davon nicht aufhalten zu lassen. „Da ich es geschafft habe, Mutter zu werden, ohne meine Arbeit zu vernachlässigen, beschloss ich, nicht mehr zu zweifeln. Das heilige weibliche Feuer zu akzeptieren, nicht als eine dominierende Kraft, sondern als eine, auf die man bauen kann. Was zählt, ist das, was Sinn macht. Und es gibt nichts, was eine Frau nicht tun kann.“ Was sie uns also auf „Voodoo Cello“ präsentiert, entspricht ihr deshalb – nach eigener Aussage – so viel mehr als stampfende Klubbeats. Schon ihre ersten beiden Alben schielten nicht in Richtung Tanzfläche und so ist es nur konsequent, dass auch die neuen Lieder allesamt subtile, sinnliche Arrangements voller Gefühl und Intensität sind. Doch dieses Mal werden sie ausschließlich von acht Cellist*innen und Imanys Stimme getragen. Auf den ersten Blick klingt das nach einer gewagten Idee, doch dieses Instrument hat die Fähigkeit vieles auszudrücken – es kann ebenso kratzig wie sanft, aggressiv oder einschmeichelt klingen. Erst dadurch wird auch die eher ordinäre Idee, ein Coveralbum aufzunehmen, plötzlich zu einem lohnenden Projekt. „Manchmal hat man den Eindruck, es sind Blechblasinstrumente oder E-Gitarren … Als würden sie herumgeistern.“

Natürlich steht und fällt ein solches Album mit der Auswahl der zu covernden Lieder. Es geht nicht nur um Bandbreite und Vielfalt, sondern ebenso darum, alles sinnvoll zusammenfinden zu lassen – zum Beispiel die regelrecht brutale Version von Blacks „Wonderful Life“ einer zärtlichen und gutgelaunten Interpretation von Elton Johns „Iʼm Still Standing“ gegenüberzustellen. Gerade so, als wären alle Songs schon immer dafür vorgesehen gewesen, auf einem Album zu erscheinen. Überhaupt – auch wenn die Arrangements oft ziemlich dramatisch und ernst klingen, zeigt sich in der Zusammenstellung auch die Lockerheit und der Humor des Projektes. Es grenzt ja schon fast an Frechheit, „Total Eclipse of the Heart“ auf diese Art neu aufzunehmen und damit durchzukommen. Dazu gibt es dann noch ebenso Madonnas „Like a Virgin“ (ganz verträumt) wie „All the Things She Said“ von TaTu (kantig), um alles mit einem klassischen Ed Sheeran abzuschmecken. Und sogar den oft (und oft auch zu Recht) gescholtenen Imagine Dragons wird neues Leben gegeben. „Es ist alles ein bisschen verrückt!“, gibt Imany gerne zu und erklärt: „Die Produktion ist sehr komplex: acht identische Instrumente, das ist technisch ziemlich aufwendig.“ Trotz dieser Beschränkung wird es nicht einen Moment langweilig: „Voodoo Cello“ ist Pop mit anderen Mitteln.

Dass sie diesen besonderen Weg einschlug, hatte übrigens viel damit zu tun, dass sie seit ihrem letzten Projekt neue Extreme des Lebens kennenlernte: das Glück und die Intensität Mutter zu werden, ebenso wie ein Burnout mit allen Konsequenzen zu erleiden. Ihr Leben änderte sich, doch anstatt zu versuchen, den alten Status Quo wiederherzustellen, ließ sie sich darauf ein, eine neue Herangehensweise zu finden. Und genau das ist es, was dieses Coveralbum zu einem Ereignis macht. *fis imanymusic.com

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