INTERVIEW
 zum „SEX GOD PROJECT“

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Foto: G. Gruber

Unschuldig sieht Gregor Schmidinger ja aus, doch er ist ein Sexgott. Beziehungsweise will er einer werden. Sein Internetprojekt ist derzeit ein Klickerfolg und schlägt durchaus Wellen. Wir konnten den smarten Österreicher für ein Interview gewinnen. 

WELCHE IDEE VERBIRGT SICH HINTER DEINEM PROJEKT?

An der Oberfläche geht es erst mal darum, für mich zu erforschen, was denn überhaupt ein Sexgott ist und wie man zu einem wird. Das hat natürlich viel mit körperlichen Aspekten, aber auch mit mentalen und emotionalen Perspektiven und Fähigkeiten zu tun. Auf einer tiefer liegenden Ebene beschäftige ich mich momentan mit den Auswirkungen von regelmäßigem Pornokonsum, der auch bereits bei Jugendlichen durch eine Hyperstimulation und einer daraus resultierenden Desensibilisierung zu Erektionsstörungen führen kann. Im Laufe des Jahres werde ich mich dann auch noch mit taoistischen Praktiken beschäftigen, wie man seine sexuelle Energie in zum Beispiel kreative Energie oder körperliche Energie beispielsweise für Sport umwandeln und nutzen kann. Im Grunde geht es mir darum, eine multidimensionale Sichtweise auf das doch für jeden relevante Thema der Sexualität zu erlangen, um damit auch für mich selbst bewusster damit umgehen zu können, anstatt ein Spielball von inneren und äußeren Einflüssen zu bleiben.

WIE KAMST DU DARAUF?

Einerseits habe ich eben an mir selbst festgestellt, dass der regelmäßige Pornokonsum zu einer Desensibilisierung meines Gehirn geführt hat. Dies beeinträchtigt natürlich die Qualität des Sex dann doch erheblich, und mit dem wollte ich mich nicht zufrieden geben. Ich habe anschließend einige wissenschaftliche Hintergründe und bereits gemachte Erfahrungen anderer Männer recherchiert. Nachdem ich durch einige Gespräche mit Freunden und Bekannten darauf gekommen bin, dass dies offenbar, vor allem unter jüngeren Männern und Jungs, ein gesellschaftlich größeres Problem zu sein scheint, dachte ich mir, ich mache ein Projekt daraus, von dem jeder profitieren kann. Und nachdem ich auch nie halbe Sachen mache, dachte ich mir, ich beschäftige mich gleich mit mehreren Aspekten der Sexualität.

IST UNSERE ZEIT NICHT SCHON ZU SEXUALISIERT?

Ja, ich bin auf alle Fälle dieser Meinung. Aber sie ist nicht nur zum einen durch vor allem Medien übersexualisiert, sondern wir werden auf der anderen Seite auch immer prüder, wenn es um unsere eigene Sexualität geht. Ich finde, es fehlt uns der authentische Zugang und sowohl die Möglichkeiten als auch die Fähigkeiten unsere eigene Sexualität auf natürliche Art und Weise auszudrücken. Wer redet denn schon groß über sein Sexleben mit Freunden? Wenn, dann werden entweder blöde Witze gerissen oder man versucht, sich selbst so gut wie möglich darzustellen. Ich vermute, dass dies eben mit der Übersexualisierung und einem damit einhergehenden Erwartungsdruck, der in Angst resultiert, zusammenhängt. Für mich herrscht hier klar eine verzerrte Wahrnehmung, die ich für mich, und für alle anderen, die ebenfalls die Schnauze voll davon haben, entzerren möchte.

Foto: Manuel Duenfruendt

UND WAS SAGT DEIN UMFELD DAZU?

Die finde das alle klasse und viele machen auch bei der 120-Tage-keine-Pornos-Herausforderung mit, da sie selbst die Symptome bereits an sich bemerkt haben. Andere wiederum gratulieren mir zu meinem Mut, darüber öffentlich zu sprechen. Negative Kommentare gab es bisher eigentlich keine. Nur einer hatte Bedenken, ob es denn für meine zukünftige berufliche Karriere sinnvoll sei, wenn ich über meine Sexualität öffentlich spreche. Aber darüber mach ich mir in meiner Branche keine Sorgen, denn da gilt ja immer mehr das Credo: umso authentischer, umso besser.

WAS BESCHÄFTIGT DICH SONST SO?

Prinzipiell habe ich ein großes Interesse am menschlichen Geist und der subjektiven Wahrnehmung. Ich möchte verstehen, wie mein Geist mit seinen Glaubenssätzen und Werten mich dazu bringt, die Dinge zu tun, die ich tue  oder warum ich die Welt so wahrnehme, wie ich sie eben wahrnehme. Nachdem die Welt ja im Kopf entsteht, um dies mal aus einer konstruktivistischen Sichtweise auszudrücken, geht es mir vermutlich darum zu erlernen, wie ich meinen Geist beeinflussen und kontrollieren kann, um dadurch Herr meiner Realität zu werden. Deshalb interessiere mich natürlich sehr für Psychologie und Philosophie, aber auch für fernöstliche Denkweisen wie zum Beispiel den Taoismus und natürlich die Technik der Meditation als Werkzeug für den Geist.

UND WAS INSPIRIERT DICH?

Mich kann im Grunde alles inspirieren: Vom Gespräch mit einem Freund über ein Fremde, die ich in der Öffentlichkeit beobachte, ein Artikel, ein Lied, ein Film bis hin zu Tagträumen kann da alles dabei sein. Ich liebe es, Muster zu erkennen. Meine ich ein Muster zu erkennen, dann grabe ich mich in das Thema rein, versuche die dahinterliegende Erkenntnis oder Idee entweder für mein Leben zu adaptieren oder in meiner Kunst zu reproduzieren, weil sie für mich eben wie die Spuren im Sand des Lebens sind und einen kleinen Teil des Geheimnisses der Existenz verraten.

BIST DU EIN POLITISCHER MENSCH?

Ich bin politisch interessiert, aber kein politischer Mensch. Ich versuche, mich so gut es geht politisch auf dem Laufenden zu halten, da ich es für wichtig erachte, auch wenn das gerade in Österreich manchmal einer bipolaren Störung gleichkommt, oszillierend zwischen einem Kasperltheater und einem ideologischen Horrorfilm. Ich versuche mich aber bewusst politisch nicht zu betätigen, da ich dies mit meiner Kunst nicht vereinbaren könnte. Sobald politische Ambitionen Einfluss auf Kunst haben, wird es für mich zur Propaganda, und das möchte ich für meine Arbeit nicht. Ich fühle mich lediglich dem Leben verpflichtet, aber keiner künstlich erzeugten Ideologie. In dieser Hinsicht sehe ich mich eigentlich überpolitisch.

WORAUF FREUST DU DICH IN 2013?

Auf meine Unabhängigkeit. 2013 ist das Jahr, in dem ich mich dazu entschieden habe, beruflich unabhängig zu werden. Dies ist einerseits natürlich mit etwas Angst vor dem Unbekannten verbunden, da ich auch noch nicht abschätzen kann, ob es vor allem auch finanziell funktionieren wird. Aber nachdem mir mein Bauchgefühl immer den Weg sehr gut weist, und es mir auch in diesem Fall ein Okay gegeben hat, wage ich für mich das Abenteuer, während ich nebenbei versuche, zum Sexgott zu werden  darüber würde ich mich natürlich auch sehr freuen. (grinst)

  WWW.SEXGODPROJECT.COM

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