INTERVIEW: Madonna im Gespräch

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Foto: Universal Music

Foto: Andreas Rentz/Getty Images

Madonna kann und will sich mit dem Titel der Queen of Pop einfach nicht zufriedengeben. Mit einem weiteren Versuch als Regisseurin möchte sie nun auch endgültig in der Filmbranche Anerkennung finden.

Mit ihrem Film W.E. hat Madonna sicher größere Chancen auf Erfolg als mit ihrer Low-Budget-Produktion Filth and Wisdom. Auf Filmfesten in Venedig, London und Toronto ist das Historiendrama zumindest nicht verrissen worden. W.E. begibt sich auf die Spuren von Wallis Simpson, einer zweifach geschiedenen Amerikanerin, die nach der Heirat mit König Edward VIII. 1937 zur Herzogin von Windsor wurde. Gleichzeitig zeigt der Streifen das Leben der Wally Winthrop, die in unserer Zeit auf der Suche nach ihrem ganz persönlichen Märchenprinzen ist. W.E. ist ein ganz wunderbarer Film über Frauenpower und der mittlerweile seit über dreißig Jahren erfolgreichen Ikone und Feministin wie auf den Leib geschrieben.

AUS ALL DEN GESCHICHTEN, DIE DAS LEBEN SO GESCHRIEBEN HAT, IST ES GERADE DIE DER WALLIS SIMPSON GEWORDEN. WARUM?

Wallis Simpson war ganz einfach eine faszinierende Persönlichkeit. Die Tatsache, dass Edward für seine Frau auf den Thron verzichtete, hat viele Fragen in mir aufgeworfen. Hat er es allein aus Liebe getan? War dies vielleicht die größte Romanze des 20. Jahrhunderts? Als ich mich intensiver mit ihrer Person beschäftigt habe, ist mir erst klar geworden, wie unfair man diese Frau behandelt hatte und dass sie eigentlich ganz anders war, als viele Bücher sie heute darstellen. Das erinnerte mich daran, wie unfair wir heute manchen Promis gegenüber sind. Wir gestatten es ihnen nicht, auch mal Mensch zu sein. Wir sehen sie nur in Schwarz oder Weiß, es gibt keine Nuancen. Facetten sind nicht erwünscht.

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IM VERGLEICH ZU FILTH AND WISDOM IST W.E. EINE ECHTE BLOCKBUSTER-PRODUKTION. WAR ES DESHALB EINE NEUE, EINE ANDERE ERFAHRUNG?

'Filth and Wisdom' hat mir geholfen, vieles über das Handwerk des Filmemachens zu lernen. Über Kameras, Winkel, Objektive und über die Arbeit mit den Darstellern. Die Erfahrung, die man beim Dreh des einen Films macht, kann bei dem nächsten nur helfen.

ANDREA RISEBOROUGH IN DER ROLLE DER WALLIS SIMPSON STACH AUS DER RIEGE DER DARSTELLER DES FILMS HERAUS. WAR ES VIEL ARBEIT, SIE AUF DIE ROLLE VORZUBEREITEN?

Allein den Akzent glaubwürdig hinzubekommen, war mehr als schwierig. Sie (Wallis) hatte das, was man als transkontinentalen Akzent bezeichnet. Auch die alten Hollywood-Stars hatten diese seltsame Sprechweise. So hört es sich eben an, wenn Amerikaner versuchen, mit englischem Akzent zu sprechen. Das passiert auch vielen Amerikanern, die nach Großbritannien ziehen. Es ist ein komischer Mischmasch aus amerikanischem und britischem Englisch. Sie hatte außerdem einen leichten Südstaateneinschlag und da das richtige Gleichgewicht zu finden, war nicht einfach.

ICH HATTE DAS GEFÜHL, IN DEM FILM GING ES VOR ALLEM DARUM, EIN SELBSTBESTIMMTES LEBEN ZU FÜHREN. EIN THEMA, DAS AUCH IN DEINER KARRIERE ALS MUSIKERIN IMMER WIEDER AUFTAUCHT.

Es geht darum, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und sich nicht von anderen Leuten hineinreden zu lassen. Das war schon immer eine der Botschaften, die ich in meiner Musik zu vermitteln versucht habe. Die Freiheit, man selbst zu sein und sein Leben durch nichts und niemanden beschneiden zu lassen, das ist die Botschaft des Films. Sein Schicksal hat man selbst in der Hand. Niemand muss ein Leben führen, das andere von ihm erwarten.

WO WIR SCHON VON ERWARTUNGEN SPRECHEN: WIE STEHST DU ZU DEN LEUTEN, DIE NICHT DEN FILM, SONDERN GANZ EINFACH DICH KRITISIEREN? WIE GEHST DU DAMIT UM, WENN ES DOCH IMMER NUR UM DICH ALS PERSON, ABER NICHT UM DEINE ARBEIT ALS REGISSEURIN GEHT?

Ich beschäftige mich mit den Kritiken und ich kann schon unterscheiden, ob die Leute tatsächlich den Film kritisieren oder ob die Person Madonna ihren Blick trübt. In diesem Fall juckt mich die Kritik nicht wirklich. Ich habe einen Film gemacht. Ich wollte nie, dass man ihn mit mir als Person in Verbindung bringt. Mir war allerdings von vornherein klar, dass das passieren würde und dass die Leute beides irgendwie vermischen würden. Ich weiß es also sehr zu schätzen, wenn man gerade das nicht tut und tatsächlich nur meinen Film kritisiert.

HAST DU DICH WÄHREND DER ARBEIT AN DEM FILM EINMAL DAMIT BESCHÄFTIGT, WARUM ES SO WENIGE FRAUEN ALS REGISSEURE SCHAFFEN?

Ich denke, dass die Arbeit als Regisseur ganz einfach als Männerdomäne wahrgenommen wird, und mitunter kann ich das auch verstehen fürs Hübschmachen bleibt nun wirklich keine Zeit. Man fühlt sich auch nicht sonderlich weiblich, wenn man da so am Set auftaucht. Andererseits glaube ich, dass mir meine Weiblichkeit geholfen hat, die Darsteller durch den Film zu begleiten oder auch den Mädels bei der Kostümanprobe zu helfen, einfach Zeit mit ihnen zu verbringen. Und natürlich auch mit den Jungs. Ich hatte großen Spaß daran, die Schauspieler einzukleiden vom Taschentuch in Edwards Anzugjacke bis hin zum Schmuck der Frauen und den Nadeln im Haar. Ich habe es geliebt. Ich will niemanden in eine Schublade stecken, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass viele Männer Spaß daran haben.

•Interview: Peter Knegt

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