Interview: Fabian Gerhardt und „9 Tage wach“

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Foto: V. Stefan

Die „Neuköllner Oper“ zeigt seit dem 11. April „9 Tage wach“. Regisseur Fabian Gerhardt chattete mit uns über das von der Kritik positiv aufgenommene Stück um Rausch, Liebe und Entzug.

Foto: A. Hörbe

Für die Leserschaft, die Sie noch nicht kennt: Wie sind Sie zur Neuköllner Oper gekommen bzw. was haben Sie davor gemacht?

Ich bin ursprünglich Schauspieler und irgendwann kam der Punkt, wo ich nicht mehr machen wollte, was andere mir sagen. Da liegt der Wechsel zur Regie nahe, denn dann müssen die anderen tun, was ich sage. Das hat viele Vorteile. Zur Neuköllner Oper kam ich dadurch, dass Bernhard Glocksin, der künstlerische Leiter, mich ansprach. Ich habe keine Ahnung, warum er annahm, dass ich Musiktheater machen sollte. Aber es erwies sich als gute Idee für alle Beteiligten.

„9 Tage wach“ – ist das eine exponentielle Erweiterung der Klub-Hymne „3 Tage wach“ von Tobias Lützenkirchen?

Naja, ob sich der Titel direkt auf den Song bezieht, das müssten Sie Eric Stehfest fragen. Ich würde sagen: man kann das auf jeden Fall so sehen. Nur ist die Musik bei uns nicht ganz so schranzig.


Repräsentiert das Stück die zeitgeistige Klub- und Drogenkultur (in Berlin)?

Nee, gar nicht. Das Stück beginnt ja in der sächsischen Provinz und dann in Dresden, wo Eric Stehfest aufgewachsen ist. Hier geht es eher um Drogen gegen Langeweile und Provinzverzweiflung.

Tiefgründige Dialoge oder exzessive Veranschaulichung? Was kann der Zuschauer bei Ihrer Inszenierung erwarten? Worauf liegt der Fokus? Ist es ein Kammerspiel oder eher Effekttheater mit Skandalpotenzial?

Foto: Neuköllner Oper

Puh. Wer will schon mit Wörtern wie tiefgründig oder Effekttheater in Verbindung gebracht werden? Also Exzess ist sicher nicht falsch. Aber ich glaube nicht so an den Exzess mit Geschrei und Rumwälzen auf der Bühne. Ich fand bei dem Thema spannend, dass dieses permanente Sich-Zuballern ja etwas mit einem Gefühl zu tun hat, dass es nie genügt. Dass man immer mehr will. Und deshalb habe ich alle Leute zusammengeholt, mit denen ich tolle Sachen gemacht habe, ein paar meiner Lieblingsschauspieler, dazu zwei Komponisten, sieben Musiker, eine Choreographin, einen Videokünstler, Bühne und Kostüm natürlich.

„Weil nicht weniger mehr, sondern mehr mehr ist.“ (Rainald Goetz)

Und ob das funktioniert, so ein totaler Input-overload, das ist das Experiment. Oder, um im Bild des Stücks zu bleiben: Wenn man alle Lieblingsdrogen auf einmal einwirft, dann wird man entweder den Spaß seines Lebens haben oder einen ausgepumpten Magen. *Charly Vu

Bis 19. Mai an diversen Spieltagen, „9 Tage wach“, Neuköllner Oper, Karl-Marx-Straße 131/133, U Karl-Marx-Straße, 21:15 Uhr, www.neukoellneroper.de

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