L’Esprit

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Foto: Eike Walkenhorst

Die Ausstellung der Absolvent*innen der Städelschule findet normalerweise im Frühjahr statt – da in diesem Jahr alles anders war, konnte die Ausstellung erst jetzt, am 19. September, starten.

Gezeigt werden die Abschlussarbeiten von 22 Student*innen der Städelschule. Für die Ausstellung wurde das komplette Gebäude vom Mezzanin bis zum Garten des Portikus auf der Maininsel in Beschlag genommen – selbst das Büro der Mitarbeiter*innen im unteren Stockwerk des Ausstellungsgebäudes musste weichen, die Teeküche verschwand hinter einer Holzwand.


Die Erfahrungen mit Corona, dem Lockdown und den Folgen von Social Distancing haben auch Spuren in den Arbeiten der Künstler*innen hinterlassen: „Die letzten Monate haben gezeigt, dass Kunstmachen sehr stark mit der physischen Präsenz anderer Menschen verbunden ist und von einer stetigen Auseinandersetzung mit dem Leben abhängt“, kommentieren die Ausstellungskurator*innen Sophie Buscher und Alke Heykes.

„Kunst entsteht im Austausch von Erfahrungen und basiert aus Intimität und Nähe. Der Mangel an empathischer Präsenz, das Fehlen von Körpersprache und physischer Interaktion hat uns dazu herausgefordert in verschiedenen Bereichen unseres Lebens Dinge zu verlernen und neu zu lernen“.

Ursprünglich sollte die Ausstellung „Ghost World“ betitelt werden – was allen Beteiligen dann aber wohl zu düster erschien; stattdessen entschied man sich für den positiver gestimmten Begriff „L’Esprit“ als Ausstellungsmotto. Alles in allem sei die Ausstellung trotz Corona auch leichter als erwartet geworden, bemerken die Kurator*innen.


Zu sehen sind Malerei, Installationen und Videoarbeiten. Ins Auge fallen natürlich die großformatigen Arbeiten: Zum Beispiel in der Haupthalle Pia Ferms handgetufteter Wandteppich mit abstraktem Muster („Das große Selbstportrait“) oder eine wannenartige Plastik aus Plastik von Matt Welch; der Künstler beschäftigt sich mit Architektur und Kleidung und deren wechselseitiger Auswirkung auf Körper und Mensch. Die gezeigte Plastik stellt einen Magen dar („Mechanical assimilation into a bad environment (die Verdauung)“, und enthält unter anderem einen original Teller aus der Städel-Kantine, der in einer trüben Brühe im Inneren des inszenierten Verdauungstrakts schwimmt.

Foto: Eike Walkenhorst


Welsh ist einer von drei Gewinnern des Absolventenpreises. Auch Shaun Motsi ist ein Gewinner; der Künstler setzt sich in Malerei, Skulptur und Videoarbeiten unter anderem mit Rassismus auseinander. Hier sind mehrere Gemälde von ihm zu sehen.

Foto: Eike Walkenhorst


Die dritte preisgekrönte Absolventin ist Nadia Perlov; ihre vom barocken Stil inspirierte, aufwändig mit Musik und Tanz inszenierte Videoarbeit „Jardin Jadore“ ist im Basement des Portikus zu sehen.

Foto: Eike Walkenhorst


Auf dem Weg dorthin solle man im Treppenhaus nach unten den kleinen Bildern von Nicholas Warburg Aufmerksamkeit schenken: Düsterte Botschaften auf Notizblock-Zetteln des Hotels Frankfurter Hof gekritzelt; der Titel „Notizen aus der Edelquarantäne“ weist auf die Entstehungsgeschichte hin: Nicholas Warburg verbrachte 10 Tage in Corona-Quarantäne in besagtem Hotel. Die Umstände seiner „Luxus-Quarantäne“ erläutert der „L’Esprit“-Ausstellungskatalog, der hübsch als Wandkalender gestaltet ist.


Foto: Eike Walkenhorst

Tipp: Die komödiantisch inszenierte Gesellschaftsbeobachtung „Death Soup! A Comedy of Eternal Return“ von Andrew Wagner; das Video ist ebenfalls in Basement zu sehen:

Der zweifelnd-verzweifelte Autor F. hadert mit der Welt, der Gewalt, den Menschen, dem Kapitalismus und überhaupt mit allem. Seine Zweifel gipfeln in einer Art lähmenden Lethargie, die ihn vor lauter Sinnieren lieber schlafen als schreiben lassen.

Seine Freunde K., ein Polit-Aktivist, und J., ein Business-Coach und Finanzier von F.s Apartment, versuchen F. zur Aktivität zu animieren.

Als J. die Freunde K. und F. im Bett erwischt, treibt die Eifersuchtsszene schließlich alle aus der Wohnung wo sie den Postboten treffen – mit einem wichtigen Einschreiben für F.

Zum Video gibt es das Drehbuch mit allen Texten und Zeichnungen von Andrew Wagner zum Mitnehmen.


Nicht alle Arbeiten sind so zugänglich wie die Videofilme; vieles lässt sich mit viel Ausdauer erschließen, aber vielleicht soll das ja auch so sein – l’art pour l’art. Der Raumplan hilft zumindest, alle Werke in den Ausstellungsräumen und dem Garten des Portikus zu entdecken.

Noch bis 18.10., Portikus, Alte Brücke 2 (Maininsel), Frankfurt, www.portikus.de, www.staedelschule.de

Während der Ausstellungszeit präsentiert die Absolvent*in Maïly Beyrens Xu mittwochs von 18 bis 19:30 Uhr im Garten des Portikus musikalische Soundimprovisationen.

Sehenswert ist bestimmt auch die Website „L’Esprit“ der Städelschule-Absolvent*innen, wenn sie denn fertig gestellt ist: https://lesprit.online/

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