Oper: Eine märchenhafte Spielzeit

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Foto: Wolfgang Runkel

Der Ausblick auf das überbordende Programm der Saison 2021/22 zeigt, dass die Oper Frankfurt trotz glückloser Monate ihrem Ruf als international renommiertes Musiktheater der Spitzenklasse gerecht zu bleiben gedenkt. Elf Premieren und fünfzehn Wiederaufnahmen machen das Repertoire der Opernliteratur erfahrbar, von kuriosen Ausgrabungen bis zur zeitgeistigen Uraufführung ist alles dabei. Gerade Fans des Phantastischen werden auf ihre Kosten kommen, denn auffallend ist die Vielzahl an Werken mit Märchen- und Zaubermotiven.

Foto: Barbara Aumüller

Zur Spielzeiteröffnung wird im Bockenheimer Depot ab dem 25. September mit der Frankfurter Erstaufführung von „Amadigi“ die hauseigene Händel-Reihe fortgesetzt. Das intime Kammerspiel im Gewand einer effektvollen Zauberoper ist ein Fest der hohen Stimme, der Countertenor Brennan Hall wird den titelgebenden gallischen Ritter verkörpern. Einen Tag später bleibt‘s auf der Großen Bühne barock mit dem chaotisch-komödiantischem Intermezzo „L‘italiana in Londra“ des feingeistigen Neapolitaners Domenico Cimarosa.

Spannend geht’s weiter mit der hierzulande unbekannten dänischen Nationaloper „Maskerade“ von Carl Nielsen in der Regie des talentierten Jungregisseurs Tobias Kratzer. Gesungen wird eine neu in Auftrag gegebene Übertragung des vor Sprachwitz strotzenden Librettos, auch musikalisch ist die espritvolle Oper von 1906 eine freudige Entdeckung.

Unter den weiteren Premieren finden sich die pandemiebedingt verschobenen Produktionen von Rossinis virtuoser Oper „Bianca e Falliero“ und Umberto Giordanos Romantikthriller „Fedora“, zudem nach 20 Jahren eine neue „Madama Butterfly“ in der Regie des New Yorkers R. B. Schlather mit Heather Engebretson als Cio-Cio-San. Zwölftonfans dürfen sich auf Luigi Dallapiccolas letzte Oper „Ulisse“ freuen, zudem gibt es mit „The People Out There“ eine hochspannende Uraufführung: Hauke Berheide und Amy Stebbins fragen nach den sozialen Auswirkungen der Digitalisierung und loten zu fragmentarischen Text- und Zitatschnipseln die Grenzen analoger Klangerzeugung aus.

Foto: Barbara Aumüller

Gerade zur Weihnachtszeit werden Märchenopern gern angenommen; hierbei erschöpfen sich die Möglichkeiten jedoch nicht mit „Hänsel und Gretel“, wie die Neuinszenierung von Nikolai A. Rimski-Korsakovs „Die Nacht vor Weihnachten“ beweist. Vom heimeligen Titel sollte man sich jedoch nicht täuschen lassen, denn schon Nikolai Gogols Erzählung bietet ein bunt gemixtes Aufgebot von Teufeln, Geistern und Halbgottheiten, aber auch irdischen Würdenträgern und der Zarin höchstselbst, mit denen sich Schmied Wakula herumschlagen darf, um das Herz der schönen Oskana zu gewinnen.

Lyrischer geht es bei Tschaikovski zu, der zwar den gleichen Stoff bearbeitete, dessen wunderbare „Iolanta“ aber in der Wiederaufnahme die Herzen des Publikums rühren darf. Das Märchen um die überbehütete blinde Prinzessin, die durch des Prinzen Liebe geheilt wird, läuft an der Oper Frankfurt im Verbund mit Strawinskys Oratorium „Oedipus Rex“ mit einem Libretto von Jean Cocteau nach Sophokles.

Auch der sich der Vollendung nähernde Benjamin Britten-Zyklus nimmt sich mit der Vertonung des Shakespear‘schen „Midsummer Night‘s Dream“ eines magischen Stoffes an, dessen Realisierung durch Brigitte Fassbaender mit Spannung erwartet wird. Zu Britten als Liebling der queeren Opern-Community gesellt sich auch Richard Strauss, dessen außerordentliches Schaffen nicht nur durch die Wiederaufnahme der nach der Premiere ausgefallenen „Salome“-Inszenierung Barrie Koskys vertreten ist, sondern auch durch sein Monumentalwerk „Die Frau ohne Schatten“. Das symbolistische Märchen entstand in Zusammenarbeit mit Hugo von Hofmannsthal und gab in seiner Komplexität und Epik nicht nur dem Komponisten Rätsel auf. Die Aufführungen gleichen einem Kraftakt an das Sänger*innenensemble und das (hoffentlich rechtzeitig wieder in voller Größe spielen dürfende) 120-köpfige Orchester.

Zuletzt sei auf eine echte Perle hingewiesen: Generalmusikdirektor Sebastian Weigle nimmt sich im November abermals der „Königskinder“ an, Engelbert Humperdincks ambitioniertester Oper. Ein mehrfach erfreulicher Umstand, denn nicht nur würdigt man so Humperdincks 100. Todestages, noch dazu ist die elegische Märchenoper ein perfektes Winterwerk, denn im Schnee hauchen, von der engstirnigen Kleinstadtgesellschaft verstoßen, die Gänsehirtin (Heather Engebretson) und der Königssohn (Gerard Schneider) ihr kurzes Leben aus.

Für alle Vorstellungen bis Anfang November startet der Vorverkauf am 31. August, auf der Homepage der Oper finden sich stets aktuelle Hinweise auf bestehende Beschränkungen, Hygienebestimmungen und Platzkapazitäten.

www.oper-frankfurt.de

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