Ottilie von Goethe: Mut zum Chaos

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Foto: Deutsches Romantik Museum

Goethes „geliebte Schwiegertochter“ war eine weltoffene Persönlichkeit, deren kulturelle wie gesellschaftliche Aktivitäten ihrerzeit durchaus kontrovers aufgenommen wurden. Das Deutsche Romantik Museum widmet der außergewöhnlichen Person eine Sonderausstellung.

Insbesondere ihr Drang nach intellektueller Betätigung wurde zu Goethes Zeiten beäugt; als Frau musste man da erfinderisch sein. Ottilie von Goethe arbeitete als Übersetzerin und Agentin des deutsch-englischen Kulturtransfers und unterstützte eine neue Generation von Kunstschaffenden in Weimar, Leipzig und Wien. Ihre vielfältigen Veröffentlichungen, aber auch ihre Bibliothek sowie ihre Kunst- und archäologische Sammlung geben einen schönen Überblick über das Wirken der weltoffenen, liberalen Frau.

Herzstück der Ausstellung im Deutschen Romantik Museum ist die von Ottilie von Goethe herausgegebene Zeitschrift „Chaos“, die in einem geschlossenen Zirkel von Gesprächsteilnehmenden kursierte.

Unter dem Deckmantel der Anonymität gab „Chaos“ unterschiedlichen Personengruppen – vor allem Frauen – die Möglichkeit, an aktuellen gesellschaftlichen oder politischen Diskussionen teilzunehmen. Die Beiträge in „Chaos“ kamen aus ganz Europa, waren in verschiedenen Sprachen verfasst und boten über die Veröffentlichung hinaus auch die Möglichkeit des Austauschs, da man auf Beiträge reagieren oder antworten konnte. Unterstützung für dieses Projekt bekam Ottilie von Goethe selbst. Mit ihrem Mann, Goethes Sohn August, lief es weniger gut: Die beiden waren zu unterschiedlich und lebten sich schnell auseinander, was Ottilie dazu veranlasste, noch zu Lebzeiten ihres Ehemannes nach einem intellektuell gleichgesinnten Partner Ausschau zu halten – ein absolutes No-Go in der damaligen Zeit. Nach Augusts Tod lebte Ottilie von Goethe weitgehend unabhängig und abseits der damaligen Konventionen. Spannende Person!

Noch bis 3. September, Deutsches Romantik Museum, Großer Hirschgraben 21, Frankfurt, deutsches-romantik-museum.de

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