Queernet RLP: Offensive 2025

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QueerNet RLP, das Netzwerk der queeren Vereine und Initiativen in Rheinland-Pfalz, startet mit der „Offensive 2025“ ins neue Jahrzehnt: Der sieben Punkte umfassende Katalog beinhaltet unter anderem die Forderung nach der Einrichtung queerer Zentren in großen Städten des Landes, nach verpflichtenden Modulen in allen Ausbildungs- und Studiengängen, die queere Menschen sichtbar mit einbinden, sowie nach Ansprechpersonen für queere Belange in allen öffentlichen Einrichtungen – und vor allem eine feste Finanzierung für sämtliche Regenbogenprojekte und für öffentlichkeitswirksame Kampagnen zur Akzeptanz von LSBTIQ*

Wir haben mit Joachim Schulte von QueerNet RLP gesprochen.


Was war eure Motivation, die Offensive 2025 auszurufen? Mit dem 2013 verabschiedeten Aktionsplan „Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen“ hatte die Landesregierung bereits ein positives Zeichen für Gleichstellung und Akzeptanz queerer Menschen gesetzt. Mit dem Forderungskatalog der „Offensive 2025“ könnte der Eindruck entstehen, dass „Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen“ trotzdem nur wenig gebracht hat ...

Dieser Eindruck ist falsch. Der Aktionsplan hat erreicht, dass es in fast allen Ministerien von RLP Ansprechpersonen für queere Lebensweisen gibt, dass beim einmal jährlich stattfindenden Runden Tisch, diese Vertreterinnen und Vertreter zusammen mit der Community Fragen diskutieren, welche Themenfelder unbearbeitet, welche Verbesserungen erreicht werden müssen, dass es im federführenden Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz ein – leider zu kleines – Fachreferat und eine Beauftragte der Landesregierung gibt für gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Geschlechtsidentitäten.

Aber: Nach wie vor ist es in die Freiwilligkeit gestellt, ob Auszubildende LSBTI Lebensweisen als gleichwertige Lebensweisen kennenlernen, ob Verbände ihre Trainerinnen und Trainer oder ihr Personal darauf vorbereiten, auch queere Menschen zu betreuen, ob personalverantwortlich in Betrieben, Betriebs- und Personalräten queere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Hier brauchen wir verpflichtende Module für Aus- und Weiterbildung. Wir brauchen – neben der Politik – den Einsatz von HWK, IHK und Gewerkschaften, um dies zu ändern.

Der Eindruck stimmt, denn die meiste Arbeit auf LSBTI Seite wird von Ehrenamtlichen geleistet. Dies ist in jedem anderen Bereich gesellschaftlich benachteiligter Gruppen längst nicht mehr üblich, wenn man die bezahlten Strukturen bedenkt über die Migrantinnen oder Migranten verfügen oder Menschen mit Beeinträchtigungen oder, oder, oder …

Welche gesellschaftlichen wie politischen Veränderungen gibt es im Vergleich zu 2013, auf die die Gleichstellungsarbeit neu reagieren muss?

Einerseits die politischen Veränderungen: Mit der AFD gibt es eine Partei, die offen für rechtliche und gesellschaftliche Ungleichbehandlung von queeren Menschen eintritt – zum Beispiel der Antrag der AFD im Bundestag zur Abschaffung der „Ehe für Alle“ oder die Anträge gegen die Bildungsarbeit von SCHLAU. Im Windschatten gibt es auch so manche „erstaunliche“, halböffentliche Äußerung von Vertreterinnen und Vertretern von CDU und auch SPD wie „Jetzt wo ihr die „Ehe für Alle“ habt, könnt ihr doch zufrieden sein“ oder „Müsst ihr euch immer in der Öffentlichkeit küssen“?

Andererseits geht die Selbstverständlichkeit der Forderung nach rechtlicher Gleichstellung und die Anerkennung nach Gleichwertigkeit queerer Lebensweisen im gesellschaftlichen Raum zurück. Es wird einerseits schwieriger Bündnispartnerinnen und -partner zu finden, weil die Erfahrung, Ziele durch solidarisches Handeln zu erreichen, allgemein schwindet. Andererseits lösen die Angriffe der letzten Jahre auch eine erneute Hinwendung und einen Mut aus, sich einzusetzen. Welche Seite dabei die Oberhand gewinnt ist noch nicht entschieden.

Welche Aufgaben erfüllen queere Zentren und an welchen Orten fehlen sie besonders?

Wir haben in RLP die Erfahrung in Trier und Mainz gemacht, wo es queere Zentren seit über 15 bis 20 Jahren gibt, dass sie die Sichtbarkeit queerer Menschen und queeren Lebens in der Stadt deutlich erhöhen; dass die Fülle queerer Aktivitäten durch feste Orte, die in der Stadt bekannt sind, um ein Vielfaches gestiegen sind, dass das Bewusstsein einen „eigenen Ort“ zu haben, das Wohlbefinden queerer Menschen in der jeweiligen Stadt deutlich gesteigert hat, dass in einem so ländlich geprägten Bundesland wie RLP gerade auch für die umgebenden Landkreise die Zentren Anlaufstellen und erste „reale“ Erfahrungsräume sind, dies gilt insbesondere für Jugendliche. Jugendgruppen in den Zentren sind Anlaufstellen, die enormen Zuspruch finden.

Unser Ziel ist, dass es im nördlichen RLP, in Koblenz und in der Pfalz zum Beispiel in Kaiserslautern im Laufe der nächsten Jahre sich weitere Zentren entwickeln.

Wie möchte QueerNet die Offensive 2025 umsetzen? Gab es bisher schon Reaktionen auf dem Forderungskatalog?

Der erste wichtige Schritt bestand darin, sich in der queeren Community auf diese Forderungen zu einigen. Hier hat die langjährige Zusammenarbeit im Netzwerk QueerNet RLP maßgeblich geholfen. Der zweite Schritt wird darin bestehen, auf kommunaler- und Landesebene für diese Forderungen zu werben und Bündnispartnerinnen und -partner zu finden und den nötigen Druck aufzubauen, dass diese Forderungen auch umgesetzt werden.

Ja, es gab erste positive Reaktionen, aber entscheidend ist, ob sie sich auch im Handeln manifestieren und vor allem in der finanziellen Unterstützung. Das wird der Gradmesser des Erfolges sein. Wohlwollende Worte reichen nicht mehr!

Kontakt: www.queernet-rlp.de

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