Rusalka: Eine Liebe wider die Norm

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Bild: Norbert Bisky

Neben Bedřich Smetanas „Die verkaufte Braut“ ist Antonín Dvořáks 1901 uraufgeführte Märchenoper „Rusalka“ der beliebteste Exportschlager der tschechischen Opernliteratur.

Auch ohne Happy End klingelt dieStory jedem Disney-Fan sofort in den Ohren: Eine Nixe sehnt sich nach der Liebe des menschlichen Prinzen, lässt sich auf einen Handel mit der Hexe ein, die ihr die Stimme nimmt und zwei Menschenbeine gibt, und findet sich bald darauf im königlichen Schloss wieder, wo die regelbrechende Liebe zweierWelten sofort auf die Probe gestellt wird.

Foto: Alice Ionescu

In seinem Operndebüt lotet Regisseur Bastian Kraft an der Staatsoper Stuttgart die Frage aus, wie eine Gesellschaft aussehen müsste, in der Unterschiede nicht mehr mit Unvereinbarkeit gleichzusetzen wäre.

„Rusalkas Tragik besteht darin, dass sie sich in einen Menschen verliebt. Dass Rusalka und der Prinz aus verschiedenen Welten stammen, macht diese Liebe nicht lebbar. Man könnte auch sagen: Diese Liebe widerspricht der Norm. Und das ist der Punkt, der dieser Geschichte einen starken queeren Resonanzraum gibt.“, reflektiert Kraft, und stellt dieser konsequent queeren Lesart des Märchens entsprechend den Sänger*innen genderfluide Rollendoubles in Gestalt bekannter Dragkünstler*innen zur Seite.

Nicht nur das Aufbrechen tradierter Rollenbilder wird durch die wortlose Performance erlebbar, „auch die Erfahrung der Sprachlosigkeit, die Rusalka in der Menschenwelt erleiden muss, ist zutiefst mit einer queeren Lebensrealität verwandt, in der sich marginalisierte Menschen wieder und wieder ihre Stimme erkämpfen müssen“, so der Regisseur. Die Arbeit mit diesem kunterbunten Ensemble in Verbindung mit „Dvořáks Musik, die die psychologischen Tiefen so wunderbar spürbar werden lässt und die unendlich große Sehnsucht Rusalkas schmerzlich schön widerspiegelt“, empfindet der Regisseur als bereicherndes Privileg: „Wir versuchen, die Magie der Oper mit der Magie von Drag zu verschmelzen“.

Zur Verwirklichung dieser Magie bedarf es natürlich künstlerischer Spitzenkräfte: Die erste weibliche Bayreuther Festspiele-Dirigentin Oksana Lyniv wird den romantisch-prächtigen Orchesterklang Dvořáks zu Gehör bringen, als titelgebende Nixe debütiert Ensemblemitglied Esther Dierkes. David Junghoon Kim ist als Prinz, Allison Cook als intrigante Fürstin und Katia Ledoux als Hexe Jezibaba zu erleben und zur Stuttgarter Drag-Koryphäe Vava Vilde gesellen sich Reflektra, Alexander Cameltoe, Judy LaDivina, Purrja und Lola Rose.

4.6., Staatsoper Stuttgart, Oberer Schloßgarten 6, Stuttgart, 18 Uhr, weitere Vorstellung: 9., 11., 16. (18 Uhr), 19. (18 Uhr), 25.6., 2.7., 19 Uhr, www.staatstheater-stuttgart.de

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