Interview: „Wir bekommen Anrufe oder E-Mails mit den verschiedensten Sorgen“

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Seit 1996 gibt es aber schon spezielle Ansprechpersonen für Queers bei der Polizei Hamburg. Wir schnackten mit Marco Burmester-Krüger.

Foto: Polizei Hamburg

Du bist einer der beiden LSBTI-Ansprechpersonen der Polizei Hamburg. Wie kam es dazu und wie war dein Werdegang bei der Polizei vorher?

Ich bin seit 1997 bei der Polizei und habe unter anderem auf St. Pauli und in Wilhelmsburg gearbeitet, war lange bei der Bereitschaftspolizei und habe danach das Studium zum gehobenen Dienst gemacht. Nach einiger Zeit in Harburg habe ich gehört, dass eine Stelle bei den LSBTI-Ansprechpersonen frei würde. Darauf habe ich mich beim Landeskriminalamt beworben und habe nach einem Probemonat die Stelle angenommen.

Foto: Polizei Hamburg

Das ist also eine richtige Planstelle, kein freiwilliges Ehrenamt neben dem normalen Dienst?

Richtig. Die Ansprechpersonen gibt es zwar schon seit 1996, aber in verschiedensten Konstellationen aus Nebenamt und Hauptamt. Seit dem 1. Juni 2016 gibt es jetzt zwei hauptamtliche Ansprechpersonen.

Wie ist das Konzept der Ansprechpartner inzwischen „angekommen“ – wird gezielt nach euch gefragt?

Ja natürlich. Aber wir sind auch immer noch dabei, uns bekannt zu machen über Netzwerkarbeit mit den öffentlichen Trägern und Hilfsorganisationen wie dem mhc, intervention e. V., der AIDS-Hilfe, Hein & Fiete – praktisch allen Akteuren der Szene. Aber darüber hinaus vernetzen wir uns zum Beispiel mit der Schulbehörde oder auch mit dem Weißen Ring (Opferhilfe). Die Leute melden sich bei uns. Wir bekommen Anrufe oder E-Mails mit den verschiedensten Sorgen, Nöten oder auch Strafanzeigen.

Wer meldet sich denn, und mit welchen Anliegen?

Das ist ganz breit gefächert. Hinweise zu eventuellen Straftaten, Fragen, wie man sich im Fall des Falles verhalten soll, bei Beleidigungen oder Ähnlichem. Und natürlich Opfer von Straftaten, die fragen, wo sie sich hinwenden sollen. Wir erklären dann, dass sie die Anzeige bei uns direkt aufgeben können oder aber bei jeder anderen Polizeidienststelle. Manchmal möchten Menschen mit sensiblen persönlichen Anliegen einfach lieber mit jemandem sprechen, der vielleicht der gleichen Szene angehört, weil sie sich dann besser verstanden und aufgehoben fühlen. Diese können selbstverständlich zu uns kommen.

Wo sitzt ihr denn?

Wir sitzen im Polizeipräsidium am Bruno-Georges-Platz in Alsterdorf.

In Berlin rief die Polizeipräsidentin aktuell dazu auf, dass auch Zeugen antiqueerer Straftaten dringend die Polizei kontaktieren sollen, weil die Aufklärungsquote recht gering ist. Schließt ihr euch da an?

Selbstverständlich. Das gehört mit zum Thema Zivilcourage. Man sollte direkt eingreifen und helfen, sofern man sich nicht selbst gefährdet, auf jeden Fall aber als Zeuge zur Verfügung stehen. Zeugen können sachdienliche Hinweise geben und damit helfen, Täter zu überführen und so vielleicht sogar Folgestraftaten zu verhindern. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Manchmal reicht es schon, einfach 110 anzurufen, um einem Menschen aus einer bedrohlichen Situation herauszuhelfen.

Was erhoffst du dir von deiner Tätigkeit als Ansprechpartner?

Da ich selber schwul bin, versuche ich, der Community Vorbehalte und Vorurteile gegenüber der Polizei zu nehmen. Dass die Polizei kein vorurteilsbehafteter Verein ist, wo man sich über Dinge lustig macht, sondern dass wir eine sehr professionelle und moderne Polizei sind. Wer ein Anliegen hat, kann sich ohne jede Angst an uns wenden. Außerdem empfinde ich die Arbeit in dieser Stelle als sehr vielfältig und ich kann ein Stück weit Dinge verbessern.

*Interview: Christian Knuth

Kontakt: Christine Osbahr 040 4286-70324 und 0176 42852848, Marco Burmester-Krüger 040 4286-70325 und 0176 42852847, lsbti@polizei.hamburg.dewww.polizei.hamburg/lsbti

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