Nachgefragt: „Eventisierung, Normierung und Kommerzialisierung“

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Am 6. August gibt es wieder die Queer Flora in der Roten Flora. Begleitet von einem ordentlichen Schuss Kritik am großen CSD, wollen die Veranstalter eine Alternative zu den kommerziellen Partys anbieten. Als Medienpartner des HAMBURG PRIDE war hinnerk neugierig auf die Hintergründe wissen.

Foto: JenaFoto24.de/pixelio.de

VON KONSERVATIV BIS RECHTS HEISST ES DER CSD SEI ZU SCHRILL. IHR SAGT, DER CSD SEI ZU ANGEPASST. WAS STÖRT EUCH?

Erst mal distanzieren wir uns klar von Schwulen und Lesben, die aus der ultra-konservativen Ecke raus andere Minderheiten angreifen. Wir kritisieren nicht Nacktheit und Freizügigkeit beim CSD. Was wir kritisieren, sind Eventisierung, Normierung und Kommerzialisierung. Vor ein paar Jahren stand am Eingang zum Straßenfest „CSD: Cooles Shopping Date!“ Das war schon ziemlich bezeichnend. (Allerdings keine offizielle Verlautbarung von Hamburg Pride. A.d.R.) Und wenn sich bei der Pride-Parade sowohl Unternehmen als auch Parteien werbemäßig präsentieren, haben wir so unsere Zweifel, ob das wirklich emanzipatorisch ist. Oder ob sich da die Anpassung der queeren Szene an die gesellschaftliche Norm zeigt – eine Szene, die mal anders sein wollte, die neue Lebensentwürfe ausprobieren wollte. Und dass es eine gewisse körperliche Normierung gibt, die auch beim CSD sehr präsent ist, dass einem vermittelt wird: „Genau so musst du aussehen, um anzukommen!“, passt das ins Bild.  Wenn du sagst, dass es doch eher das „mediale Bild“ des CSD sei und nicht der CSD selbst: Wir finden, dass dieses Bild den CSD dominiert. Wenn man sich auf dem Straßenfest der letzten Jahre umschaut, dann fällt einem doch hauptsächlich das Konsumangebot auf, die politischen Gruppen machen nur noch einen ganz kleinen Teil aus. Und warum muss die Parade unbedingt über die Haupt-Shopping-Meilen der Innenstadt führen? Warum nicht mal ’ne Pride-Parade in Barmbek oder Wilhelmsburg?

IHR KRITISIERT DAS MOTTO UND DIE VERANSTALTER, WEIL SIE MIT DEM BEGRIFF NORMALITÄT SPIELEN. ERKLÄRT BITTE, WARUM. DIE KERNAUSSAGE IST, DASS EBEN ALLES NORMAL SEIN SOLLTE, WEIL MAN MENSCHEN ZU ACHTEN HABE, WIE SIE SIND.

Foto: M. Rädel

Dass der offizielle CSD Stellung bezieht gegen Leute zum Beispiel aus der AfD, die sagen: „Was ihr queeren Menschen da macht, ist nicht okay, ihr seid nicht okay!“, das finden wir grundsätzlich in Ordnung. Was uns an dem Motto stört: dass der Begriff „normal“ so absolut gesetzt wird. Wir fragen uns: Gibt es überhaupt so etwas wie normal? Muss es so etwas geben? Und wenn ja: Wer bestimmt, was normal ist? Und wollen wir als queere Menschen überhaupt normal sein, in dem Sinne, dass die Mehrheitsgesellschaft sagen kann: „Ja, so wollen wir euch haben, so seid ihr akzeptabel!“? Wir finden, darüber muss man diskutieren.

QUEER SEIN MUSS MAN SICH LEISTEN KÖNNEN“ IST EINER EURER KRITIKPUNKTE. WIE HILFT DIE QUEER FLORA IM KONTRAST ZU DEN „OFFIZIELLEN“ CSD-PARTYS?

Wir sind unkommerziell. Das heißt, wir wünschen uns von den Leuten, die kommen, einen Unkostenbeitrag, damit wir Veranstaltungskosten, die Fahrtkosten der DJs und so weiter bezahlen können. Alles andere spenden wir: dieses Jahr an Queer Refugees Support Hamburg, ATME e. V. (Aktion Transsexualität und Menschenrecht) und die Asociación LGTB Arcoiris in Honduras. Die Queer Flora steht natürlich grundsätzlich allen offen. Aber wir laden vor allem die ein, die sich im Party-Mainstream der offiziellen CSD-Partys nicht wohlfühlen.

IHR SEIT NACH EINEM AUSFLUG INS GÄNGEVIERTEL WIEDER ZURÜCK IN DER FLORA. KÖNNT IHR EIN WENIG BERICHTEN, WIE ES AUS EURER SICHT WEITERGEHEN WIRD MIT DEM PROJEKT FLORA? HABT IHR EUCH EVENTUELL BEIM GÄNGEVIERTEL WAS ABSCHAUEN KÖNNEN?

Das Gängeviertel hat uns im vergangenen Jahr toll geholfen, es war super dort. In diesem Jahr hat das Gängeviertel übrigens auch ein alternatives Nachmittagsprogramm, das wir heiß empfehlen! Über die Zukunft der Flora können wir uns nicht äußern, Queer Flora ist eine Veranstaltung dort, und mit den Strukturen des Veranstaltungsortes haben wir nichts zu tun.

6.8., Queer Flora in der Roten Flora, Achidi-John-Platz 1 (ex Schulterblatt 71), Hamburg, U/S Sternschanze, 23 Uhr

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