#Nachgefragt: Merlin, Milva, Melancholie

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Foto: Diêgo dos Santos

Heute erscheint das neue und gleichzeitig erste Studioalbum von Sascha Merlin. „Leben, um davon zu singen“ sammelt Chansons mit Einflüssen von Pop bis Jazz und wird am 3. November im First Stage live präsentiert. Natürlich wollte hinnerk mehr wissen.

„Leben, um davon zu singen“ ist dein erstes Studioalbum. Warum erst jetzt diese Liedersammlung für zuhause? 

Ich hatte schon länger das große Bedürfnis, einige meiner Lieder instrumental so zu präsentieren, wie ich sie mir immer vorgestellt habe. Mal orchestral wie „Was ist ein Clown“, mal mit leichten Jazz-Anklängen wie „Ich mag den Herbst“, mal poppig wie in den 80ern, wo ich erwachsen wurde wie „Heute bin ich frei“. Dafür bedarf es eines guten Partners – wie jetzt Rubin Records – der mich versteht, da ich auch keine Kompromisse machen wollte, und eines erheblichen Budgets. Beides zu finden, nahm etwas Zeit in Anspruch. 

Wie seid ihr an die Auswahl der Titel herangegangen? Du stehst ja bereits 20 Jahre auf der Bühne …

Vor zwanzig Jahren habe ich wieder angefangen zu singen – nach sieben Jahren Pause – hier in Hamburg, in der Opera stabile. Bei der Auswahl habe ich mich, da es mein erstes Studio-Album ist, auf die Titel konzentriert, die über die Jahre oft Erwähnung bei Publikum und Presse fanden. Meine „Greatest Hits“, wenn man so will.

Wie erklärst Du dir, dass schwule Männer Chansons und besonders die der Diven Piaf oder Milva so verehren?

Chansons sind fragil, manchmal dramatisch, manchmal witzig, manchmal melancholisch. Damit entsprechen sie oft dem Wesen von Homosexuellen. Wir gehören einer Minderheit an, die aber wahrgenommen und respektiert werden möchte. Das schärft den Blick und macht empfindsam. Piaf und Milva erscheinen uns als starke Persönlichkeiten. Piaf war in ihrem Umgang mit ihren Liebhaberinnen und Liebhabern sehr unkonventionell, modern und frei. Das entspricht zuweilen dem homosexuellen Erleben. Bei Milva ist es anders. Da ist vor allem diese schöne Bühnenerscheinung mit dieser melancholischen und trotzdem starken Stimme, die einen in den Bann zieht. 

Wie war deine Begegnung, die Zusammenarbeit mit Milva?

Außergewöhnlich. Als ich mit Milva in Mailand im Studio stand, mußte ich mich mehrfach kneifen. Da stand die große Milva, für die alle großen Musiker unserer Zeit geschrieben haben, und sang meine Lieder, als wären es nie anders gewesen. Die stimmlichen Möglichkeiten, mit denen sie auch in der deutschen Sprache sofort instinktiv die richtigen Nuancen findet, das packt einen sofort. In der Zusammenarbeit ist Milva übrigens alles andere als eine Diva, sehr sachlich und genau. Sie hat mich gleichberechtigt behandelt wie alle, die an der Produktion beteiligt waren. Die Diven-Erscheinung hebt sie sich für die Bühne auf!

Wird es nach dem Release-Konzert weitere Möglichkeiten geben, dich live zu erleben?

Davon gehe ich fest aus. Es sind schon Sachen im Gespräch. Da das Album aber gerade erst fertig geworden ist und schon die Proben zum Konzert begannen, gab es bisher noch wenig Raum für Planung. Aber ich gehe fest davon aus, daß es viele Termine im norddeutschen Raum geben wird – und dann auch sicher das ein oder andere Konzert im Süden.

3.11., CD-Release-Konzert „Leben, um davon zu singen – Reloaded!“ (mit eigenen Liedern, Brel, Piaf & Fado, Kersten Kenan: Piano), First Stage, Thedestraße 15, Hamburg, 18:30 Uhr, Tickets unter firststagehamburg.de

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