Spaniens schwuler Süden

by ,

Mit 300 Sonnentagen im Jahr und einer Küste, die sich in der Provinz Málaga über 161 Kilometer entlang des Mittelmeers erstreckt, zählt die Costa del Sol zu den touristischsten Gegenden Spaniens. Neben Gran Canaria und Sitges findet sich dort mit dem kleinen Ort Torremolinos die dritte Hochburg des LGBTIQ*-Tourismus in Spanien – mit einer bewegten Geschichte.

Foto: pixabay.com

Hier in Andalusien, im Süden Spaniens, ist die Welt trotz Wirtschaftskrise und hoher Arbeitslosigkeit im Rest des Landes irgendwie noch in Ordnung. An der Costa del Sol scheint die Sonne so konstant und schön wie kaum andernorts in Europa. Was macht die Gegend so anziehend? Liegt es am viel gerühmten Wein? An der endlos erscheinenden Küstenlandschaft der Costa del Sol? Oder ganz einfach an dem guten Essen in Andalusien? Málaga ist zwar keineswegs gefeit vor den ökonomischen Problemen, die das Land umtreiben, doch lassen sich die Andalusier die Laune nicht verderben. Und schon gar nicht ihre Fiesta. Findige Politiker wollten den Spaniern doch sogar einmal ihre ausgedehnte Mittagspause nehmen. Unmöglich! Außerdem ist es im Sommer bei Durchschnittstemperaturen von 27 bis 30 Grad viel zu heiß, um zu ackern. Die überbackenen Garnelen, die frittierten Paprika und frisch gefangenen Fische sind auch viel zu gut, um sie in einer deutsch anmutenden 15-Minuten-Pause herunterzuschlingen. In Huelin, einem ehemaligen Fischerviertel, gibt es ganz wunderbare kleine Restaurants, die dank der Nähe zur Markthalle – dem Mercado Central – stets mit der frischesten Ware aufwarten können. Abtrainiert werden kann der spanische Genießerbauch am ach so nahen Strand. Von Huelin aus bietet es sich an, einen Spaziergang am Strand entlang bis zum Hafen und weiter in die Altstadt im Norden der Stadt zu unternehmen. Dort angekommen kann man sich entweder mit allen anderen Touristen in die gleichen Läden stürzen oder man geht etwas abseits der großen Einkaufsmeilen und genießt in der Alameda Principal 18 ein Bier oder einen Sherry in der ältesten Tapasbar Málagas.

3000 Jahre Geschichte

Wirklich sehenswert ist die alte Ruine von Alcazaba, einer maurischen Festung aus dem 11. Jahrhundert. Von dem kleinen Hügel, auf dem die Überreste stehen, hat man zudem einen wunderbaren Ausblick auf die ganze Stadt. Gerade bei Nacht lohnt der Ausflug. Mit einer über dreitausendjährigen Geschichte ist Málaga voll von Kultur. Phönizier, Araber und Römer haben hier ihre Spuren hinterlassen, und in der Geburtsstadt von Pablo Picasso kann man hier im 2003 eröffneten Picasso-Museum über 200 Werke des Maler-Genies bewundern. Durch die weltoffene Art der Einwohner sowie die ideale Lage am Meer und im Süden des Landes hat sich eine recht große Szene in Málaga etabliert. Im Stadtzentrum findet man rund um die Plaza de la Merced einige Bars, von denen El Carmen sicher die lohnendste ist.

Foto: John Fornander / Unsplash / CC0

Stonewall Spaniens

Wem die Szene in Málaga nicht reicht, der setzt sich einfach ins Taxi und ist in einer knappen halben Stunde in Torremolinos, dem wohl schwulsten Ort Andalusiens. In Spaniens Geschichte der LGBT-Bewegung nimmt die kleine Gasse Pasaje Begoña einen ganz besonderen Platz ein – ähnlich wie der Stonewall-Aufstand fin den USA. Torremolinos’ Aufstieg zum Hotspot der LGBTIQ*-Szene begann in den 1960er-Jahren, als man während der Franco-Diktatur versuchte, mehr Offenheit zu zeigen. In dem neben Málaga gelegenen Fischerdorf eröffnete in der Pasaje Begoña mit Toni’s Bar die erste Schwulenbar Spaniens, es folgten Lokale wie das Blue Note oder La Sirena. In diesem Jahr wurde die Gasse vom andalusischen Parlament zum historischen Gedenkort und zur Wiege der Freiheit und Rechte der LGBTIQ*-Community erklärt. Nicht nur Schwule, Lesben oder Transsexuelle konnten sich hier einigermaßen frei fühlen. Künstler, Politiker und Intellektuelle aus aller Welt, darunter John Lennon, Brigitte Bardot, Frank Sinatra und Amanda Lear kamen nach Torremolinos, um hier ihren Urlaub zu verbringen. Doch die Freiheit währte nur ein knappes Jahrzehnt. Am 24. Juni 1971 erlebte die Pasaje Begoña eine Razzia durch die Polizei des Franco-Regimes, bei der über hundert Menschen verhaftet wurden. Die meisten Bars wurden geschlossen und das Franco-Regime versuchte mit allen Mitteln, unter anderem mit der Umbenennung der Gasse in Gil Vicente, jede Erinnerung an dieses Kapitel spanischer LGBTIQ*-Geschichte zu tilgen. Was nicht gelang.

Foto: turismotorremolinos.es

Heute ist Torremolinos so vital und bunt, dass viele Männer aus aller Herren Länder die Stadt zu ihrer Heimat gemacht haben. Das internationale Publikum aus Touristen und Zugezogenen mischt sich des Nachts mit Einheimischen und Klubbern aus dem Umland – inzwischen im Viertel La Nogalera. Hier, wo ein Klub an den anderen anschließt und man im besten Falle von einer Bar in die nächste fällt, ist eigentlich immer etwas los. Tagsüber zieht es die Urlauber an die Strände wie El Banjondillo mit den beliebten schwulen Abschnitten El Gato und Eden Beach oder an den mit vielen Hetero-Beachklubs bestückten Strand Los Alamos. Wer auch bei der Wahl seiner Unterkunft gerne unter Schwulen bleibt, ist im Hotel Ritual sicher gut aufgehoben. Das Haus mit knapp 200 Zimmern ist eines der größten spanischen Gay-Hotels und perfekt für einen Urlaub in Spaniens schwulem Süden.

INFO

www.uniquespain.travel

www.andalucia.org

www.turismotorremolinos.es

Back to topbutton