INSIDER: Kyoto

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Josko, Bibliothekar und Teilzeitforscher zu Religion in Japan und Asien, ist Deutscher und lebt mit seinem Partner Sho in Japan. Seine Liebe gilt der alten Kaiserstadt Kyoto, für die er jede Menge toller Tipps hat.

Foto: Shota Tadano

Vermutlich gibt es keinen besseren Ort als Kyoto, um sich mit der japanischen Kultur vertraut zu machen. Was fasziniert dich besonders an der Stadt?

Dass sie über unzählige mystische Orte der Kraft, sogenannte „Power-Spots“, verfügt und trotz ihrer modernen Entwicklung nichts an ihrer alten Grazie eingebüßt hat. Eingebettet in einem Tal, welches von fünf heiligen Bergen umgeben und vom klaren Kamogawa-Fluss durchzogen ist, offenbart Japans alte Hauptstadt seinen Besuchern eine Reise für die Sinne.

Wie viele Tage sollte man für einen Besuch einplanen?

Gerne eine ganze Woche, in jedem Fall jedoch mindestens drei Tage. Kyotos Umgebung wie Ohara oder Kameoka samt Onsen-Quellen ist zudem perfekt für einen Tagesausflug.

Welche Highlights sollte man auf keinen Fall verpassen?

In Kyotos Innenstadt liegen die meisten berühmten Sehenswürdigkeiten recht nah beieinander, so zum Beispiel das Geisha-Viertel Gion und alle Schrein- und Tempelanlagen des dazugehörigen Bezirks Higashiyama. Daneben ist ein absolutes Muss der Besuch des Fuchs-Schreins Fushimi Inari. Der Schrein mitsamt seinen Hunderten Toren ist zu jeder Jahreszeit überfüllt, jedoch nur am unteren Teil. Jeder sollte einmal deshalb in den Abendstunden die Treppen bis zur Bergspitze besteigen (ca. 1 Stunde) und sich der unbeschreiblich magischen Welt dort oben beim Laternenschein hingeben. Mein absoluter Favorit ist ein Besuch von Japans größtem Kloster Enryaku-ji auf dem Berg Hiei-zan. Sowohl mit Bus und Bahn zu erreichen, katapultiert einen der Weg dorthin automatisch in eine Art Pilgerreise. Besonders zur frühen Morgenstunde, wenn der Nebel nur erahnen lässt, welch spirituelle Kraft dieses im japanischen Zedernwald gelegene Heiligtum birgt.

Foto: pixabay.com

Zu welcher Tageszeit sollte man seinen Besuch an den bekanntesten Sehenswürdigkeiten planen?

Als Faustregel gilt: Morgens! Vor allem weil es schön ruhig und idyllisch ist. Bei Schreinen wie dem Fushimi Inari lohnt es sich aufgrund der tollen Stimmung auch nachts.

Zu welcher Jahreszeit gefällt Dir Kyoto am besten?

Im Herbst, wenn die Blätter sich Färben (jap. „Koyo“) und den bereits magischen Kulissen noch buntere Facetten bescheren.

Foto: pixabay.com

Was wäre Dein Tipp für einen Tempel oder Schrein abseits der Touristenpfade?

Mein absoluter Geheimtipp ist der Tanukidani-Berg und dazugehöriger Tempel im nördlichen Stadtteil Sakyo-ku. Dieser ist nicht weit vom Fuße des heiligen Berges Hiei-zan und hat einige Überraschungen parat. Wer diesen gesehen hat bekommt nicht nur einen wahnsinnig schönen Ausblick auf die Stadt sondern kann sich überlaufene Tempel wie den Kiyomizu-Dera sparen. Außerdem empfiehlt sich ein Ausflug zum Tempel Kurama, dessen heilige Stätten von Bergkobolden (jap. Tengu) beschützt werden. Im Sommer kann man dort über dem Fluss Sômen und andere japanische Delikatessen speisen.

Was kann man in oder um Kyoto unternehmen, wenn man sich an Tempeln sattgesehen bzw. man dem kulturellen Overload ein wenig entkommen will?

Dann sollte man sich einen ruhigen Moment im Cafe Hygge nahe des Hauptbahnhofs gönnen, ein sehr kreativer und stylischer Ort. Wer es dennoch ein wenig im Kyoto-Stil ruhig angehen möchte, der sollte einen Ausflug in eines von Japans ältesten Dufthäusern machen, der Manufaktur Shoyeido, wo man neben japanischem Räucherwerk in allen möglichen Farben, Düften, Formen und Preisklassen auch im Duftmuseum nebenan seine olfaktorischen Sinne schärfen und sich eine Duftreise der besonderen Art aufmachen.

In Japan ist es oftmals gar nicht so einfach, mit Einheimischen in Kontakt zu kommen. Hättest du einen Tipp, wo man als schwuler Urlauber in Kyoto gut aufgehoben ist?

Da empfehle ich das im November 2020 eröffnete Offsait Studio, ein künstlerischer Concept-Store mit eigenem Guesthouse in einem alten Machiya-Haus, der sein Augenmerk auf Nachhaltigkeit, Diversity und Design legt – stets mit dem Wunsch, auch lokale Manufakturen und kreative Akteure zu unterstützen. Neben einem Shop und einer Galerie bringen die Inhaber Onur und Takuji auch ein eigenes Magazin heraus. Das schwule Pärchen gibt zudem gerne Tipps für Orte in Kyoto, wo sie sich besonders wohlfühlen. Das Offsait Studio liegt zudem in einem sehr spannenden Viertel namens Shimabara nahe des Bahnhofs, wo im ehemaligen Rotlichtviertel früher einmal hochrangige Kurtisanen auf meterhohen Stelzenschuhen in einer glorreichen Parade durch die Gassen stolziert sind und gefeiert wurden.

Gibt es so etwas wie eine LGBT-Szene in der Stadt?

Vielmehr als eine alteingesessene Szene existieren eher einzelne Bars wie zum Beispiel das Apple, wo der Barbesitzer Yuji auch ausländische Besucher herzlich empfängt und Tipps für die nächsten Trips gibt.

Was ist Dein Lieblingsviertel in Kyoto?

Sakyo-ku im Nordosten der Stadt. Einfach, weil es dort sehr viele versteckte Tempel und Wanderrouten gibt und der malerische Philosophenweg dort liegt. Nicht weit davon kann man am Kamogawa-Flussdelta entspannt sitzen und die Berge bestaunen, während man die lokal typischen Mochi mit schwarzen Bohnen (Kuromame Daifuku) von der Manufaktur Futaba genießt. Diese liegt gleich neben einer retro-Einkaufsmeile und ist nur wenige Minuten vom Flussdelta entfernt.

Japans Küche ist bekannt für ihre Vielfalt an regionalen Spezialitäten. Was sollte man in Kyoto am besten probieren?

Vegetariern empfehle ich das Hale am Nishiki Market, in dem man Kyotos Delikatesse Yuba, eine Art Tofu, genießen kann. Auch Veganer sind in Kyoto richtig, hier lockt das Restaurant Ain Soph.Journey neben herzhaften Speisen auch mit veganen Cakes und Desserts. Typisch für Kyoto ist zudem die raffinierte Dashi-Brühe, welche in Form von Udon-Nudelsuppe im Uneno bei Sanjô am besten schmeckt. Im Nordosten der Stadt, im Viertel Sakyo-ku, gibt es ein sehr authentisches Restaurant für Okonomiyaki und Yakisoba namens Daruma. Die Chefin des Hauses scheut sich trotz der Sprachbarrieren kaum davor, einen herzlichen Plausch mit ihren Gästen zu halten, Mimik und Gestik alleine können da durchaus genügen!

Mehr Infos zu Kyoto und dem Reiseland Japan findet man unter www.japan.travel/de/de/kyoto/

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