INTERVIEW – CDU-VORSTANDSMITGLIED REGINA GÖRNER

© FOTO: KARL ERMERT

Erstaunlich viel öffentliche Aufmerksamkeit erfährt das Thema der Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe zurzeit. Erstaunlich kontrovers wurde auf der Seite des Parlaments diskutiert, die bisher unnachgiebig schien. Wir fragten bei Dr. Regina Görner, Mitglied des Bundesvorstandes der CDU und ehemalige saarländische Sozialministerin, nach, wie sie die Entwicklungen bewertet.

FRAU DR. GÖRNER. GANZ ALLGEMEIN: WIE STEHEN SIE SELBST ZUR GLEICHSTELLUNG HOMOSEXUELLER?

Ich habe mich immer dafür eingesetzt. Auch schon Anfang des Jahrtausends, als es um die Einführung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft ging, die viele in meiner Partei ablehnten. Ich war seinerzeit noch Ministerin für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales im Saarland und habe bereits damals gesagt, dass die steuerliche Ungleichbehandlung nicht auf Dauer bestehen bleiben könne. Das habe ich dann auch im letzten September im Parteivorstand empfohlen, als die sogenannten „Wilden 13“ meine Partei aufforderten die steuerliche Diskriminierung aufzuheben.

WIE KOMMT ES DENN, DASS SIE ALS CDU-POLITIKERIN SO VOTIEREN?

Die Frage finde ich absurd. Ich würde eher fragen, wie jemand nicht so denken kann.

ANDERS GEFRAGT. WARUM DENKEN SIE, DASS HOMOSEXUELLE PAARE STEUERLICH BEGÜNSTIGT WERDEN SOLLTEN? VIELE , SOGAR EINIGE GRÜNE, SPRECHEN EHER VON EINEM UMBAU IN EIN FAMILIENSPLITTING..

Für ein Familiensplitting plädiere ich schon lange. Meines Erachtens wird ein völliger Abbau des Ehegattensplittings vor dem Verfassungsgericht keinen Bestand haben können, aber ein Umbau ist durchaus möglich. Letztlich geht es ja um die Frage, ob Menschen, die dauerhaft rechtlich Verantwortung für andere übernehmen, seien es Kinder, Ehe- oder Lebenspartner, gegenüber denen, die solche Verpflichtungen nicht haben, besser gestellt werden müssen. Ich bin seit langem der Überzeugung, dass das Steuerrecht genau das tun muss! Und das Verfassungsgericht sieht das ja nicht anders.

SIE SIND DAMIT ABER IHRER PARTEI VORAUS – BESONDERS IN DER ÖFFENTLICHEN WAHRNEHMUNG. WIR LASEN GERADE ERST VON EINER HITZIGEN DEBATTE IN DER FRAKTION, BEI DER ERSTAUNLICHER WEISE ABER DER ALS HARDLINER AUFGEFALLENE FINANZMINISTER SCHÄUBLE PLÖTZLICH LEISERE TÖNE ANGESCHLAGEN HÄTTE ...

Ich bin meiner Partei öfter mal „voraus“, was meist für lange Zeit eine Minderheitenrolle bedeutet. Ich würde Herrn Schäuble in dieser Frage nicht als Hardliner bezeichnen. Er hat sich schon im letzten Sommer im CDU-Vorstand eher moderat geäußert. Und damals ist mir übrigens auch Thomas Strobl beigesprungen, als ich die umgehende steuerliche Gleichstellung gefordert habe. Dennoch muss ich natürlich zugeben, dass die Widerstände in meiner Partei noch nicht überwunden sind. Offen diskutiert wird darüber aber auch tatsächlich erst seit dem letzten Bundesparteitag. Die Argumente der Befürworter werden inzwischen durchaus ernst genommen und das gilt ebenso für die so zwar absehbaren, aber nun durch das letzte Urteil zwingend vorhersehbaren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes.

GANZ PRINZIPIELL. WIE ERKLÄREN SIE SICH DIE IMMER NOCH SO STRIKTE ABLEHNUNG EINER GLEICHSTELLUNG DURCH FÜHRENDE CDU-POLITIKER? LIEGT DAS VIELLEICHT IM CHRISTLICHEN C BEGRÜNDET, ALSO ZUM BEISPIEL IM KATHOLISCHEN GLAUBEN?

Ich glaube, man kann die Kirche nicht für alles verantwortlich machen! Es sind ja bei weitem nicht alle Katholiken gegen eine Gleichstellung und Anerkennung homosexueller Paare. Und es gibt auch Homophobie bei Nicht-Katholiken. Ich bin Gewerkschafterin. Wir haben machtvolle Beschlüsse gegen Diskriminierung. Aber die Praxis sieht immer noch einmal anders aus.

Es nützt nichts, Vorurteile zu ignorieren. Wenn wir Diskriminierung, ob wegen der Hautfarbe, des Geschlechtes oder eben der sexuellen Orientierung feststellen, dann müssen wir das zum Thema machen. Derartige Vorurteile entspringen oft der Angst, bei einer Duldung von Andersartigkeit ein Stück der eigenen Identität preisgeben zu müssen. Das ist Ausdruck von mangelndem Selbstbewusstsein. Da hilft nur die Konfrontation im offenen Gespräch. Diskriminierung geht gar nicht. Punkt.

Ich war lange Vorsitzende der gewerkschaftlichen Kampagne „Mach meinen Kumpel nicht an.“ (www.gelbehand.de/). Da trägt man eine gelbe, abwehrende Hand, um deutlich zu machen. dass man persönlich nicht duldet, wenn der Kollege am Arbeitsplatz, wegen was auch immer, diskriminiert wird. Dieses persönliche Zeugnis ist sehr wirkungsvoll. Auch wenn ich selber nicht betroffen bin: Ich möchte einfach nicht, dass Menschen so behandelt werden. Genau das gilt auch heute und für meinen Einsatz gegen die Diskriminierung Homosexueller. Ich möchte nicht, dass meine lesbischen und schwulen Freunde diskriminiert werden. Und ich werde es einfach nicht dulden.

•Interview: Christian Knuth

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