HINTERGUND: BRUDERSCHAFT ST. PIUS X

Die Aufhebung des Kirchenausschlusses der Führer der ultrakonservativen katholischen „Bruderschaft St. Pius X“ (FSSPX ) sorgte für Kopfschütteln und Proteste. Doch was bedeutet diese Umkehrung für schwule Katholiken?

Um sich ein Urteil über die aktuellen Vorgänge in der katholischen Kirche zu bilden, sollte man sich in die Materie einlesen. Die Religionsfreiheit gebietet es, unvoreingenommen zu beurteilen.

Hier ein Auszug aus der Online-Enzyklopädie Wikipedia: „Die FSSPX sieht ihr Ziel in der Erneuerung des Priestertums und betreibt ohne Erlaubnis des Vatikans und der Diözesen Priesterseminare, Priorate und Kapellen. Theologisch nimmt sie einen traditionalistischen Standpunkt ein und lehnt einige Punkte des Zweiten Vatikanischen Konzils – wie die Ökumene in ihrer heutigen Form und Zielsetzung, die Religionsfreiheit, die Kollegialität der Bischöfe und die Liturgiereform im Anschluss an das Konzil – ab, weil sie sie für mit der katholischen Lehre unvereinbar ansieht.“

Im Klartext bedeutet dies, dass sich die Bruderschaft als Bewahrer des Glaubens sieht und eine Verwässerung der urkatholischen Dogmen verhindern will. Es ist also durchaus nachvollziehbar, dass der frühere Kardinal Ratzinger, der für erzkonservative Standpunkte zum Beispiel in der Homosexuellenfrage bekannt war, in seiner Funktion als Papst, diese Standpunkte forciert um das Profil seiner Kirche zu schärfen. Die „Re-Kommunizierung“ von vier Bischöfen der FSSPX ist ein deutliches Zeichen dafür.

Schon in den Weihnachts- und Neujahrsansprachen Benedikt XVI. war eine deutliche Verschärfung im Umgang mit Homosexuellen-, Abtreibungs- und Verhütungsfragen sichtbar geworden. Benedikt scheint sich besonders auf die zwischenmenschlichen Moralfragen zu konzentrieren und setzt mit der aktuellen Wiederaufnahme der Bruderschaft in den Schoß der Kirche ein starkes, diesbezügliches Zeichen.

Da es einer Kirche aber frei steht, sich in moralischen Fragen auch gegen gesellschaftliche Strömungen zu richten, bleiben Proteste Makulatur.

Fraglich ist allerdings, wie weit Benedikt in der Forcierung der Moralfrage gehen kann. Sein ebenfalls erklärtes Ziel die Ökumene voranzutreiben, tritt in den Hintergrund, wenn er Holocaustleugner durch eine Wiederaufnahme in die Kirche „begnadigt“. Zwar hat auch der Papst sich zwischenzeitlich scharf von den Aussagen Williamsons distanziert und Antisemitismus verurteilt, dennoch bleibt es dabei, dass mit der Wiederaufnahme der Bruderschaft eine der Ökumene widersprechende Vereinigung, kirchlichen Seegen erhält.

Ist es dem Papst eventuell nicht Ernst mit der Versöhnung der Weltreligionen? Wird dieses friedenschaffende Ziel auf dem Altar der verstaubten Moral geopfert? Schwule und Lesben, die dem katholischen Glauben anhängen, müssen sich selbst fragen, inwieweit sie bereit sind, den neuen alten Wegen des Papstes zu folgen. •ck

Der FSSPX selbst hat sich in einer auf seiner Website veröffentlichten Stellungnahme erschüttert über die den Holocaust leugnenden Aussagen von Bischof Williamson geäußert:

„Die Verharmlosung der Judenmorde des NS-Regimes und dessen Greueltaten sind für uns inakzeptabel.

Die Verfolgung und Ermordung von zahllosen Juden im Dritten Reich berührt uns äußerst schmerzlich, verletzt sie doch zutiefst das christliche Gebot der Nächstenliebe, die keine ethnischen Unterschiede kennt.

Ich möchte mich für dieses Verhalten entschuldigen und mich von jedweder Aussage dieser Art distanzieren.

Für uns ist eine solche Distanzierung auch deshalb selbstverständlich, weil der Vater von Erzbischof Lefebvre selbst in einem KZ umgekommen ist und auch viele katholische Priester in Hitlers Straflagern ihr Leben ließen,“ so Pater Franz Schmidberger, der Distriktobere der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Deutschland.

Back to topbutton