KOALITIONSKRACH UM EHEGATTENSPLITTING FÜR HOMOSEXUELLE

Die Koalition hat einen weiteren Zankapfel gefunden. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP ist dafür, eingetragene Lebenspartnerschaften im Steuerrecht mit der traditionellen Ehe gleichzustellen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble von der CDU will dagegen Schwule und Lesben weiter benachteiligen.

Koalitionsvertrag hin oder her. Bundesverfassungsgericht hin oder her. Wolfgang Schäuble ignoriert die Vorzeichen, die eindeutig für eine komplette Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft mit der Ehe sprechen und beruft sich auf „besondere Gründe“. Er sagte dem Focus: „Ein solcher Differenzierungsgrund ist beim Ehegattensplitting die Förderung der Ehe, insbesondere im Hinblick auf ihre bleibende Bedeutung als typische Grundlage der Familie mit Kindern, denn auch heute noch entfallen 90 Prozent der Splittingwirkung auf Ehepaare mit Kindern.“

Wieder ein Schlag ins Gesicht der Familien, in denen Homosexuelle als Eltern fungieren. Und selbstverständlich auch ein Affront gegen all die schwulen und lesbischen Paare, die finanziell füreinander aufkommen und neidisch auf ihre verheirateten Pendants ohne Kinder schauen, die durch das Splitting mehrere tausend Euro im Jahr zum Beispiel für die Altersvorsorge einsparen können.

Schäuble ordnet sich damit weit in den konservativen Flügel seiner Partei ein und bekommt Zustimmungen nicht einmal mehr von seiner Chefin Frau Merkel. Laut Spiegel sei aus deren Umkreis Zustimmung zur Gleichstellung signalisiert worden und selbst CDU-Landesfürsten wie Peter Müller aus dem Saarland fordern Klarheit: „Dabei geht es um die gemeinsame Besteuerung von Ehepartnern als Wirtschaftsgemeinschaft“, sagte der CDU-Politiker dem SPIEGEL. „Unter diesem Blickwinkel gibt es natürlich gute Argumente dafür, dass auch gleichgeschlechtliche Paare in den Genuss des Ehegattensplittings kommen.“

Eine vom Focus in Auftrag gegebene Emnid-Umfrage zeigt, dass das Deutsche Volk sich längst entschieden hat. Auf die Frage: „Soll man homosexuelle Partnerschaften rechtlich in allen Punkten mit der Ehe gleich stellen?“ antworteten den Angaben zufolge 66 Prozent mit Ja, 29 Prozent mit Nein. •ck

WORTLAUT BVG-URTEIL 21. JULI 2010

Die Privilegierung der Ehegatten gegenüber den Lebenspartnern im Recht

... lässt sich nicht allein mit Verweisung auf den besonderen staatlichen Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) rechtfertigen. Geht die Förderung der Ehe mit einer Benachteiligung anderer Lebensformen einher, obgleich diese nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zielen der Ehe vergleichbar sind, rechtfertigt die bloße Verweisung auf das Schutzgebot der Ehe eine solche Differenzierung nicht ... Die Ungleichbehandlung ist auch nicht dadurch legitimiert, dass grundsätzlich nur aus einer Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen können und der Gesetzgeber unter Anknüpfung an das Familienprinzip eine möglichst ungeschmälerte Erhaltung kleiner und mittlerer Vermögen in der Generationenfolge erhalten möchte. In ihrer Eignung als Ausgangspunkt der Generationenfolge unterscheidet sich die Ehe zwar grundsätzlich von der Lebenspartnerschaft, da aus der Beziehung gleichgeschlechtlicher Paare grundsätzlich keine gemeinsamen Kinder hervorgehen können. Dieser Gesichtspunkt kann jedoch nicht als Grundlage einer unterschiedlichen Behandlung von Ehegatten und Lebenspartnern herangezogen werden, da er in der gesetzlichen Regelung nicht hinreichend umgesetzt ist. Denn das geltende Recht macht - im Unterschied zu früheren Regelungen - die Privilegierung der Ehe bzw. die Höhe des Freibetrags für Ehegatten gerade nicht vom Vorhandensein gemeinsamer Kinder abhängig.

Internet: DAS URTEIL ZUM NACHLESEN

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