KONTROVERS - IST DAS PORNOGRAFIE?

In der Wochenzeitung „Hallo München“ hat sich eine anonyme Leserin, die seit fünfzig Jahren im schwulen Glockenbachviertel lebt, mit einem Leserbrief über den Wandel im Kiez beschwert.

Anlass der Empörung war die Plakatwerbung vom Café Kraftakt und dem Bruno’s-Shop im U-Bahnhof Sendlinger Tor. Die Leserin stört sich an den „Schwulen-Pornos“. Allerdings werden auf dem Plakat lediglich zwei sich küssende Männer gezeigt. Wo ist da die Pornografie, fragen wir uns?

Ein Auszug aus dem Leserbrief: „... Es ist doch ungeschickt und undiplomatisch, wenn sich eine ‚Randgruppe‘ so provozierend verhält und dadurch unangenehme Reaktionen hervorruft ... Ich kenne das Schwulenviertel in San Francisco, das ‚Castro‘, und kann nur hoffen, dass sich unser Viertel nicht in diese Richtung entwickelt …“

Hierzu möchten wir einen kurzen Rückblick auf die Historie des Glockenbachviertels geben: Zur Zeit des Nationalsozialismus war es ein beliebter Wohnort für Parteimitglieder – vor allem, nachdem 1934 eine Razzia speziell gegen Homosexuelle durchgeführt wurde. Nach dem Krieg war es zunächst nur für Prostitution bekannt, doch nach und nach fasste die Schwulenszene wieder Fuß. Heute ist das Glockenbachviertel erneut zu einem kulturellen, belebten und angesagten Ort in München geworden. Dies ist vor allem den Investitionen der Community zu verdanken.

Vor diesem Hintergrund finden wir eine solche Äußerung nicht nachvollziehbar. Auch ist es verwunderlich, dass nicht mehr zeitgemäßen Stimmen immer noch ein Medium geboten wird. •snoop/cb

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