Birmingham protestiert gegen den Hass

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Hunderte Menschen versammelten sich am 14. Oktober im Gay Village in Birmingham, um ihre Solidarität mit der LGBTIQ*-Community und den Opfern der homophoben Hassverbrechen auszudrücken.

In den frühen Morgenstunden des 10. Oktober war John-Paul Kesseler (38) im Gay Village in Birmingham gemeinsam mit einem Freund auf dem Rückweg in ein Hotel, als plötzlich ein Fremder auf sie zukam und sagte, sie sollten aufhören, Händchen zu halten. Noch bevor die beiden Männer antworten konnten, griff der Mann in sein Auto, holte zunächst eine leere Weinflasche heraus und schlug Kesseler damit auf den Kopf. Etwas später schlug der Angreifer mit einer Metallstange nochmals auf das Opfer ein. 

Nach dem Angriff veröffentlichte Kesseler auf Twitter ein Foto seines blutverschmierten Gesichts.

„When bigots attack, we fight back“ 

Als Salman Mirza (54) las, was mit Kesseler passiert war, war er entsetzt. Mirza ist selbst kein Mitglied der LGBTIQ*-Community, aber er wollte etwas tun. Zum einen, weil er schwule Freunde hat, die in der Stadt leben und jetzt um ihre Sicherheit fürchten. Zum anderen, weil er sich daran erinnerte, wie engagiert sich die queere Community hinter die muslimische Bevölkerung der Stadt gestellt hatte, als Muslime in der Stadt beschimpft wurden. Gegenüber PinkNews sagte Mirza:

„Nichts ist geschehen. Die Polizei ermittelt natürlich, aber ich war wirklich wütend und wollte eine andere Seite von Birmingham zeigen – um allen zu zeigen, dass das inakzeptabel ist und wir wirklich wütend darüber sind.“

Gemeinsam mit einigen Freunden aus der Community beschloss Mirza, eine öffentliche Protestkundgebung vor einem Klub im Gay Village zu organisieren. Hunderte von Menschen schlossen sich dem Birmingham Against LGBTQI Hate Solidarity Protest am 14. Oktober an, um sich mit den queeren Einwohner*innen von Birmingham solidarisch zu zeigen. Der Schlachtruf „When bigots attack, we fight back“ („Wenn Bigotte angreifen, wehren wir uns“) hallte durch Birmingham.

Drei Hassverbrechen in einem Monat

John-Paul Kesseler ist das jüngste Opfer einer Reihe von Hassverbrechen in Birmingham. Seit Birmingham 2019 zum Schauplatz von Protesten gegen LGBTIQ*-inklusive Bildung an Schulen geworden war (wir berichteten), verzeichnete die Polizei einen deutlichen Anstieg an Hassverbrechen gegen die LGBTIQ*-Community, Ende 2019 hatte sich die Zahl mehr als verdoppelt. Eine Entspannung der Lage ist bis heute nicht in Sicht, allein im Oktober 2021 gab es neben dem Angriff auf Kesseler noch zwei weitere homophobe Gewaltverbrechen gegen queere Personen.

Am 16. August wurde ein schwules Ehepaar bei einem von der Polizei als „empörend“ und „schockierend“ bezeichneten Angriff verletzt. Rob und Patrick standen vor der Missing Bar im Gay Village der Stadt, als plötzlich vier Männer aus einem schwarzen SUV ausstiegen, die beiden homophob beschimpften und mit Flaschen attackierten. Patrick wurde bei dem Angriff bewusstlos. Eine Freundin der beiden Männer, die das Geschehen filmen wollte, wurde vom Auto mitgeschleift und erlitt eine Fußverletzung. 

Am 30. September wurde Matt Brooks (52) von einem Unbekannten schwer verletzt. Brooks wollte gegen 2 Uhr morgens Chips holen, als jemand auf ihn zukam und ihm ins Gesicht schlug. „Es war völlig unprovoziert und zielte direkt auf mich ab. Ich habe keine wirkliche Erinnerung daran", sagte der 52-Jährige gegenüber Birmingham Live. Der Schlag war so heftig, dass seine Augenhöhle brach und er im Krankenhaus notoperiert werden musste, um sein Augenlicht nicht zu verlieren.

Behörden sichern mehr Schutz zu

Die Flut homophober Angriffe im Gay Village versetzen die Community in Angst. Die Menschen fühlen sich in ihrer Stadt nicht mehr sicher ... und auch nicht ausreichend beschützt. Weil Polizei und Behörden mehr oder weniger tatenlos zugesehen haben, regte sich immer lautere Kritik. 

Nach dem letzten Vorfall kündigten der Police and Crime Commissioner Simon Foster, der Bürgermeister der Kommune West Midlands Andy Street und der Leiter der Stadtverwaltung in Birmingham Ian Ward an, endlich etwas gegen den Hass unternehmen zu wollen. In einer gemeinsamen Erklärung sagten sie, sie würden „diese Verbrechen an der Wurzel packen und die Täter*innen zur Rechenschaft ziehen“.

„Die jüngsten abscheulichen, bösartigen homophoben Angriffe in Birmingham ekeln uns drei gleichermaßen an. Es ist einfach nicht akzeptabel, dass jemand wegen seiner Person oder seiner Liebe angegriffen wird.“

Die Polizei von West Midlands hat die Polizeipatrouillen im und um das Gay Village verstärkt und 200.000 Pfund für einen neuen Betreuungsdienst zur Unterstützung von Opfern von Hassverbrechen in Auftrag gegeben. Der Stadtrat von Birmingham hat kostenlose Schulungen zu Hasskriminalität für lokale Unternehmen angekündigt und hilft bei der Entwicklung eines Raums, der allen offen stehe soll, die sich im Gay Village und in der Umgebung gefährdet fühlen. Um die nächtliche Sicherheit in der Region zu verbessern, will die Kommunalverwaltung zudem prüfen, inwieweit Videoüberwachung und öffentlicher Nahverkehr ausgebaut werden können. 

„Jeder hat das Recht, sich auf unseren Straßen sicher zu fühlen, egal wo er sich aufhält, Tag und Nacht.“

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