„Polen 2019 – Deutschland 1939“: Aufschrei über „LGBT-freie Zone“-Sticker in Polen

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Nachdem die Wochenzeitung „Gazeta Polska“ angekündigt hat, ihrer nächsten Ausgabe Sticker beizulegen, die zur Markierung „LGBT-freier Zonen“ dienen, ist in Polen die Debatte über Hassrede, Intoleranz und nationale Werte mal wieder in vollem Gange. Während die Befürworter der Sticker von „Meinungsfreiheit“ sprechen, verweisen die Gegner auf Parallelen zu Methoden aus der Nazizeit.

Foto: twitter.com/gptygodnik

 Auf dem Twitter-Kanal der Gazeta Polska steht die Ankündigung des Anti-LGBT-Stickers, der mit der Ausgabe vom 24. Juli herausgebracht werden soll, noch immer ganz oben auf der Seite, bei Instagram hingegen wurde sie mit dem Verweis, dass sie den Tatbestand der Hassrede erfülle, entfernt. Derweil wird die Aktion in ganz Polen und darüber hinaus kontrovers diskutiert. Während liberale Politiker und Aktivisten das Sticker-Projekt mit Methoden aus der Nazizeit vergleichen, reagierte Gazeta Polska-Chefredakteur Tomasz Sakiewicz erwartungsgemäß mit Unverständnis. In einem Kommentar auf dem Kolumnenportal Niezależna bezeichnet Sakiewicz das Ganze als überfällige Maßnahme.

„Es ist eine Reaktion auf tausende von Leserbriefen, die Angriffen auf jene entgegenwirken soll, die anders denken als LGBT-Ideologen“, so Sakiewicz in dem Schrieb. Weiterhin führt er die bekannten Argumentationslinien homophober Hardliner aus, die sich durch die queere Pride-Bewegung in ihrem Glauben und ihren Werten angegriffen fühlen und homophobe Hassrede als Bestandteil (religiöser) Meinungsfreiheit verkaufen. Dass der Chefredakteur dabei auf Augenhöhe mit jüngsten Äußerungen regierender PiS-Politiker liegt (blu berichtete), ist kein Zufall. Sowohl die Inhalte der Wochenzeitung als auch Sakiewicz persönlich stehen dem rechtspopulistischen Programm der PiS nahe. 

Liberale und linke Politiker vergleichen die Sticker-Aktion derweil mit antisemitischen Aushängen aus der Nazizeit. „Das Ganze erinnert an die Dämonen der Vergangenheit“, schreibt der schwule Polit-Newcomer Robert Biedroń (blu berichtete) bei Twitter. „Ausgrenzung beginnt mit Worten. Dann gibt es Aufkleber, dann gibt es Ghettos. Heute sind es LGBT-Menschen, morgen kann es eine andere soziale Gruppe treffen. Dies sollte von der Justiz verfolgt werden.“ Zu dem Kommentar twitterte Biedroń ein montiertes Foto, das ein „Juden verboten“-Schild aus Deutschland 1939 und den „LGBT-freie Zone“-Sticker der Gazeta Polska gegenüberstellt. Dazu schrieb er: „Polen 2019 - Deutschland 1939“

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