Armenien: Todesdrohungen führen zu Absage von LGBTIQ*-Konferenz

Vom 15. bis 18. November sollte in der armenischen Hauptstadt Jerewan eine Konferenz von queeren Christen aus Osteuropa und Zentralasien stattfinden. Rechtskonservative Aktivisten drohen den Veranstaltern seit Wochen. Jetzt erreichten sie die Absage

Foto: facebook.com/newgenerationngo

„Während der letzten Tage ist eine Welle extremistischer homophober Angriffe in Armenien losgerollt“, berichtete die armenische Nichtregierungsorganisation New Generation NGO (NGNGO) am Mittwoch in einer Pressemeldung. „Mit tiefem Bedauern und Bestürzung stellen wir fest, dass politische Gewalt, Todesdrohungen und Vandalismus, die sich gegen LGBTI richten, eine ernstzunehmende Bedrohung der Sicherheit unserer Teilnehmer darstellt.“ Mit den „Teilnehmern“ sind die rund 70 erwarteten Gäste des Forum of LGBT Christians of Eastern Europe and Central Asia gemeint, das vom 15. bis 18. November in Jerewan stattfinden sollte. Die Zitate sind Teil der Erklärung der Absage der Konferenz. 

Bereits am 2. November berichteten NGNGO-Vertreter von einer vorübergehenden Einstellung ihrer Arbeit. Der Grund waren anhaltende Drohungen und Beschattungen, die sich gegen ihre Mitglieder richteten. Die Drohungen hatten wiederum damit zu tun, dass NGNGO mit der Organisation des Forum of LGBT Christians of Eastern Europe and Central Asia betraut war. Die Veranstaltung findet seit 2004 jedes Jahr in wechselnden Ländern Osteuropas statt (darunter Ukraine, Russland, Estland, Moldau und Rumanien). Sie dient der Vernetzung gläubiger LGBTIQ* und der Erarbeitung von Wegen zu mehr Gleichberechtigung in Kirchenverbänden und der Vereinbarkeit von Glauben und Homosexualität. Jerewan war letztes Jahr im September als Austragungsort bestimmt und NGNGO zum Ausrichter ernannt worden. In den letzten Wochen war die Veranstaltung immer mehr in den Fokus homophober Nationalkonservativer geraten. Kopf der Gegenbewegung ist mutmaßlich Sevan Aghajanyan, Anführer einer armenischen Organisation zur „Bewahrung nationaler Werte“. 

Seit der Meldung vom 2. November hat sich die Lage dramatisch zugespitzt. Das Auto des NGNGO-Vorsitzenden Sergey Gabrielian soll demoliert worden sein, Konferenzteilnehmer berichten von Todesdrohungen, in denen anonyme Absender ankündigen, zu Nationalhelden werden zu wollen, indem sie LGBTIQ* ermorden, auch sollen Menschen auf offener Straße verprügelt worden sein, weil sie fälschlicherweise für Konferenzteilnehmer gehalten wurden.  

NGNGO erklärt die massiven Angriffe mit Stimmungmache rechter Kräfte vor Armeniens Wahlen am 9. Dezember. Nach Aufständen im Frühling war ein frischer Wind durchs Land gezogen, als mit Nikol Paschinian zum neue Premier ernannt worden war (blu berichtete). Doch seither haben rechte Gruppen sich zunehmend radikalisiert. Die Regierung sieht weitgehend tatenlos zu. NGNGO lastet die Absage des Forum of LGBT Christians somit auch der mangelnden Unterstützung des Staates an, der auch nach der Anzeige der oben genannten Angriffe keine Hilfe zum Schutz der Teilnehmer anbot. 

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